Der Verschwörungskatalysator
Wie wir sehen konnten, sind Verschwörungen kein Phänomen der Neuzeit. Das gilt nicht nur für anti-jüdische Verschwörungstheorien, sondern ganz allgemein. Blickt man nun in die Historie dieser Theorien, wird man immer wieder mit einer ganz bestimmten Sache konfrontiert, die viele Verschwörungen gemeinsam haben:
Die Zweifel, Sorgen und Ängste der Menschen.
Ein amerikanischer Spezialist auf dem Gebiet Verschwörungstheorien und Rechtsextremismus, John Foster Berlet, definiert Verschwörungstheorien, kurz und knapp, als ”Werkzeuge der Angst”. Angemerkt sei, dass er selbst unabhängiger Enthüllungsjournalist ist. Seine Aussage sollte man also nicht vorschnell in die Kategorie “typisch Anti-Verschwörungstheoretiker” stecken, sondern im Gegenteil ihr umso mehr Gewichtung geben.
Aber auch ohne einen Spezialisten kann man, v.a. durch aktuelle Ereignisse, das Resümee nachvollziehen. Stichwort hierbei ist: Corona.
Denn während der Corona-Pandemie hatten viele Menschen mit Zweifeln, Sorgen und Ängsten zu kämpfen, wie z.B.: Zweifel und Unklarheit über die kommende Zukunft, Sorgen um finanzielle Sicherheit, Ängste um das eigene Wohlergehen und dergleichen waren weit verbreitet.
Diese Gedanken hatten viele Menschen sicherlich auch schon unabhängig von Corona gehabt, aber während dieser Zeit wurde all das verstärkt. Um ein Vielfaches verstärkt. Selbst Menschen, die mit diesen Dingen in ihrem Alltag kaum oder gar nicht zu kämpfen hatten, waren auf einmal davon betroffen.
Während dieser Zeit wurden die Menschen aber mit noch einer anderen Sache konfrontiert, mit der sie wahrscheinlich bis dahin kaum bis gar nichts zu tun hatten: Verschwörungstheorien. Denn durch Corona kann man von einem regelrechten Verschwörungsboom sprechen.
Es gibt aber noch ein anderes Ereignis, durch das wir den Zusammenhang zwischen Angst und Verschwörungen sehen können bzw. konnten: der 11. September, der Terroranschlag auf das World Trade Center.
Der Unterschied zu Corona war nur, dass damals die sozialen Medien noch in ihren Kinderschuhen steckten. Selbst das Internet an sich wurde damals nicht ansatzweise von so vielen Menschen wie heute genutzt. Nur damit man eine Vorstellung als Vergleich hat: Im Jahre 2001 gab es weltweit ca. 500 Millionen Internetnutzer, aktuell sind es 500 Millionen + weitere 5 Milliarden. Und die sozialen Medien, wie wir sie heute kennen, gab es da noch nicht.
Und da, wie im letzten Teil erwähnt, es den Internetgiganten, wie Youtube, Insta, Facebook & Co. nicht darum geht, was moralisch vertretbar ist und was nicht; und es ihnen schon gar nicht darum geht, was wahr ist und was nicht, wird die Verbreitung von Theorien völlig unkontrolliert ins Grenzenlose beschleunigt. Und wie sieht es dabei mit dem Wahrheitsgehalt der Informationen aus?
Aus Usersicht: Sind sie sowieso immer wahr.
Aus Unternehmersicht: Ist das völlig egal.
(Hauptsache der User und seine Freunde bleiben so lange wie irgend möglich auf der Plattform.)
Daher kann man sagen, dass Corona in Sachen Verschwörungen so was wie 9/11 auf Adrenalin war. Und bei beiden spielten eben Zweifel, Sorgen und Ängste eine maßgebliche Rolle.
Auch beim historischen Rückblick hinsichtlich der Verfolgung des jüdischen Volkes über die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg spielten Verschwörungstheorien und Angst die tragende Rolle: Denn durch die Verbreitung von Verschwörungstheorien schürte man Angst. Diese Angst führte dann zu noch mehr Theorien, die dann wiederum zu noch mehr Ängsten führten, sodass sogar das “normale Volk” Juden verfolgte und ermordete. Zu hunderttausenden.
…
Zusammenfassend kann man sagen, dass hinter vielen, vielen Verschwörungstheorien die Angst steckt – ob nun direkt oder indirekt erkennbar, ob sofort ersichtlich oder erst durch ein genaues Hinsehen und Prüfen.
Was uns schlagartig zum Kern dieses Teils bringt: “Endzeitprophezeiungen”.
Denn auch da spielen oft Sorgen und Ängste eine maßgebliche Rolle, wobei das nicht die einzige Parallele zwischen diesen beiden “Internet-Dauerbrennern” ist. Dauerbrenner deswegen, weil die unterschiedlichsten Themen im Netz kommen und gehen. Etwas, das kurzzeitig Millionen Aufrufe bringt, ist in ein paar Wochen schon wieder uninteressant. Was aber immer – v.a. natürlich in der Glaubenswelt – die Leute regelrecht in ihren Bann zieht, sind Verschwörungstheorien und Endzeitprophezeiungen. Es gibt immer wieder neue. Das Interesse daran bricht nicht ab und wird nie abbrechen. Zumindest nicht, bis der Herr wiederkommt.