Zufall oder Zeichen?

Zeigt uns die Bibel, wie wir das mit den Zufällen und Zeichen in unserem Alltag machen sollten?

In der Tat tut sie das!

Wir werden dazu zwar keine generellen Gebote oder Verbote finden, dafür aber Beispiele, wie Gott wohlgefällige Menschen ehrfürchtig mit diesem Thema umgehen. Durch sie, als unsere Vorbilder, können wir viel Wichtiges für unser Leben und unseren Alltag lernen.

Die erste Stelle dazu lesen wir direkt im 1. Buch Mose, wo der Knecht Abrahams für seinen Sohn Isaak eine Frau finden soll:

1Mo 24,12-14 Und er (der Knecht) sprach: HERR, Gott meines Herrn Abraham, lass es mir doch heute begegnen, und erweise Güte an meinem Herrn Abraham! Siehe, ich stehe bei der Wasserquelle, und die Töchter der Leute der Stadt kommen heraus, um Wasser zu schöpfen. Möge es nun geschehen, dass das Mädchen, zu dem ich sagen werde: Neige doch deinen Krug, dass ich trinke, und das sagen wird: Trinke, und auch deine Kamele will ich tränken, dass es diejenige sei, die du für deinen Knecht, für Isaak, bestimmt hast. Und daran werde ich erkennen, dass du Güte an meinem Herrn erwiesen hast.

Seine Aussage: Daran werde ich erkennen, ist besonders wichtig für den weiteren Verlauf der Ereignisse und gleichzeitig sehr hilfreich für unser Thema hier. Wie? Das werden wir gleich sehen. Zuerst aber was noch so geschah:

1Mo 24,15-17 Und es geschah, er hatte noch nicht ausgeredet, siehe, da kam Rebekka heraus, die Bethuel geboren war, dem Sohn der Milka, der Frau Nahors, des Bruders Abrahams, mit ihrem Krug auf ihrer Schulter. Und das Mädchen war sehr schön von Aussehen, eine Jungfrau, und kein Mann hatte sie erkannt; und sie stieg zur Quelle hinab und füllte ihren Krug und stieg wieder herauf. Und der Knecht lief ihr entgegen und sprach: Lass mich doch ein wenig Wasser aus deinem Krug schlürfen.

Er macht also genau das, was er vorher im Gebet formuliert hat: Er bittet sie um Wasser. Jetzt müssen die restlichen Punkte seines Gebets in Erfüllung gehen:

1Mo 24,18-21 Und sie sprach: Trinke, mein Herr. Und schnell ließ sie ihren Krug auf ihre Hand herab und gab ihm zu trinken. Und als sie ihm genug zu trinken gegeben hatte, sprach sie: Ich will auch für deine Kamele schöpfen, bis sie genug getrunken haben. Und sie eilte und goss ihren Krug in die Tränke aus und lief wieder zum Brunnen, um zu schöpfen; und sie schöpfte für alle seine Kamele. Und der Mann sah ihr staunend zu und schwieg, um zu erkennen, ob der HERR zu seiner Reise Glück gegeben habe oder nicht.

Der Knecht beobachtete alles, um zu erkennen, ob die zuvor gebeteten Punkte sich auch alle erfüllen. Und so geschah es: Er bekam zu trinken. Und seine Kamele. Aber waren das alle Kriterien, die erfüllt werden mussten? Nein, eines fehlte noch:
Die Bedingung Abrahams stand noch offen. Diese war, dass er nicht irgendeine Frau nimmt, sondern … 

1Mo 24,4 sondern dass du in mein Vaterland und zu meiner Verwandtschaft ziehst und meinem Sohn Isaak dort eine Frau nimmst!

Wurde auch das erfüllt?

1Mo 24,22-27 Und es geschah, als die Kamele genug getrunken hatten, da nahm der Mann einen goldenen Ring, ein Beka sein Gewicht, und zwei Spangen für ihre Arme, zehn Sekel Gold ihr Gewicht; und er sprach: Wessen Tochter bist du? Sag es mir doch. Ist im Haus deines Vaters Raum für uns zum Übernachten? Und sie sprach zu ihm: Ich bin die Tochter Bethuels, des Sohnes der Milka, den sie Nahor geboren hat. Und sie sprach zu ihm: Sowohl Stroh als auch Futter ist bei uns in Menge, auch Raum zum Übernachten. Da verneigte sich der Mann und warf sich nieder vor dem HERRN und sprach: Gepriesen sei der HERR, der Gott meines Herrn Abraham, der von seiner Güte und seiner Wahrheit nicht abgelassen hat gegen meinen Herrn! Mich hat der HERR auf den Weg zum Haus der Brüder meines Herrn geleitet.

Erst als der Knecht auch diese eine Grundbedingung erfüllt sah, warf er sich nieder und pries Gott.

Ehe wir gleich dazu kommen, was wir aus diesen Ereignissen für uns heute lernen können, kurz noch ein zweites Beispiel aus dem Buch der Richter, wo Gideon Gott um ein Zeichen bittet:

Ri 6,36-40 Und Gideon sprach zu Gott: Wenn du Israel durch meine Hand retten willst, wie du gesagt hast, siehe, so will ich ein Wollvlies auf die Tenne legen. Wenn der Tau nur auf dem Vlies sein, der ganze Boden ringsum aber trocken bleiben wird, so werde ich erkennen, dass du Israel durch meine Hand erretten wirst, wie du gesagt hast. Und es geschah so; denn als er am anderen Morgen früh aufstand und das Vlies ausdrückte, da konnte er Tau aus dem Vlies pressen, eine ganze Schale voll Wasser. Und Gideon sprach zu Gott: Dein Zorn entbrenne nicht gegen mich, dass ich nur noch einmal rede; ich will es nur noch einmal versuchen mit dem Vlies: Das Vlies allein soll trocken bleiben und Tau liegen auf dem ganzen übrigen Boden! Und Gott machte es so in jener Nacht: allein das Vlies blieb trocken, und Tau lag auf dem ganzen übrigen Boden.

Was wir nun aus diesen beiden Ereignissen lernen können, ist Folgendes:

  1. Alles beginnt mit dem Gebet.
  2. Im Gebet werden ganz konkrete Punkte formuliert.
  3. Alle diese Punkte müssen in Erfüllung gehen. Und zwar ausnahmslos und genau so, wie sie gebetet wurden.
  4. Sollte es grundsätzliche Bedingungen geben, wie z.B. die von Abraham gestellten (oder für uns heute: dass der Partner gläubig sein muss), müssen diese natürlich ebenfalls alle erfüllt werden.

Diese vier Punkte sind mehr oder weniger das Offensichtliche, was wir von den beiden lernen können. Aber es gibt noch etwas viel Wichtigeres, was in dem Fall ganz automatisch passiert, wenn man sie sich als Vorbild nimmt:

Denn sie mussten irgendwelche Ereignisse aus ihrem Alltag
nicht selbst interpretieren (!),
sondern sie konnten sich einfach auf Gott
und seine Führung und Fügung verlassen.
In anderen Worten:
Es blieb kein Spielraum für menschliche Fehlinterpretationen!

Das ist – logischerweise muss man sagen – unvorstellbar wichtig, wenn es um die Frage: “Zufall oder Zeichen?” geht. Denn hätten sie in irgendwelche Zufälle vermeintliche Zeichen Gottes interpretiert, dann hätte der eine die falsche Frau genommen und der andere wäre nicht in den Kampf gezogen.

Damit das eben nicht passiert, baten sie Gott um ganz konkrete Zeichen.

Das heißt als eine Art Selbstschutz-Merkregel:
Keine menschliche Interpretation von Zufällen,
sondern Klarheit durch Gott gewirkte Zeichen.

Wir können noch etwas aus der Geschichte Gideons lernen:
Denn obwohl das erste Zeichen so klar und deutlich war, bat er ja um ein weiteres und dieses wurde ihm gewährt. Während dieser Ereignisse lesen wir nichts von einem: “Da entbrannte Gottes Zorn über den Kleinglauben Gideons.” oder dergleichen.

Stattdessen sehen wir beim Weiterlesen, dass Gott mit Güte und Geduld und viel Verständnis auf Gideon eingeht. Denn im nächsten Kapitel steht geschrieben, dass Gott ihm ein weiteres Zeichen gibt. Warum?

Ri 7,9-11 Und es geschah in derselben Nacht, da sprach der HERR zu ihm: »Steh auf und geh ins Lager hinab; denn ich habe es in deine Hand gegeben! Fürchtest du dich aber hinabzugehen, so lass deinen Burschen Pura mit dir ins Lager hinuntersteigen, damit du hörst, was sie reden. Dann werden deine Hände erstarken, dass du gegen das Lager hinabziehen wirst!« Da stieg Gideon mit seinem Burschen Pura hinunter, bis zu den äußersten Vorposten, die zum Lager gehörten.

Gideon hatte anscheinend trotz der Zeichen weiterhin Zweifel und Angst, u.a. wegen der Menge an Feinden:

Ri 7,12 Die Midianiter aber und die Amalekiter und alle Söhne des Ostens waren in die Ebene eingefallen wie eine Menge Heuschrecken; und ihre Kamele waren vor Menge nicht zu zählen, wie der Sand am Ufer des Meeres.

Die Gegner waren also in der Überzahl, da ja Gideon nur seine 300 Mann dabei hatte. Da half es ihm anscheinend nur bedingt, dass Gott ihm zuvor zweimal durch Zeichen eindeutig gezeigt hatte, dass er ihm den Sieg schenken wird.

Nichtsdestotrotz geht eben Gott in seiner Güte und Geduld auf Gideons Zweifel und Angst ein und gibt ihm ein weiteres Zeichen, wovon wir ebenfalls etwas Wichtiges für unser Thema hier lernen können:

Ri 7,13-14 Als nun Gideon kam, siehe, da erzählte einer dem anderen einen Traum und sprach: Siehe, ich habe einen Traum gehabt; und siehe, ein Laib Gerstenbrot wälzte sich zum Lager der Midianiter; und als er an die Zelte kam, schlug er sie und warf sie nieder, sodass sie umstürzten; und er kehrte sie um, das Unterste zuoberst, und die Zelte lagen da! Da antwortete der andere: Das ist nichts anderes als das Schwert Gideons, des Sohnes des Joas, des Israeliten: Gott hat die Midianiter samt dem ganzen Lager in seine Hand gegeben!

Anmerkung, nur damit der Kontext klar wird: Das war ein Heide, der gesagt hatte: Gott hat die Midianiter samt dem ganzen Lager in seine Hand gegeben!

Das nächste Wichtige, was wir aus der Fortsetzung der Geschichte lernen können, ist, dass Gideon nicht einfach in der Gegend herumlief, dann irgendwie irgendeinen Traum hörte (egal ob von einem Heiden oder von seinen eigenen Männern) und er dann diesen Traum irgendwie interpretierte, sondern er wurde ganz konkret von Gott zu einem ganz konkreten Zeitpunkt zu einem ganz konkreten Ort geschickt (das wird klar durch das: Und es geschah in derselben Nacht, da sprach der HERR zu ihm: »Steh auf und geh ins Lager hinab …). Dann folgte der Punkt, dass Gott ihm sagte, dass er etwas Bestärkendes hören wird, sodass seine Hände erstarken und er dann in den Kampf ziehen wird. Und genau so geschah es. Er hörte es und seine Zweifel waren weg:

Ri 7,15 Als nun Gideon die Erzählung des Traumes und seine Auslegung hörte, da betete er an. Und er kehrte wieder in das Lager Israels zurück und sprach: Macht euch auf, denn der HERR hat das Lager der Midianiter in eure Hand gegeben!

Erneut sehen wir also auch hier bei der Fortsetzung der Ereignisse dasselbe Muster:
Es gibt keinen Raum für Eigeninterpretationen! Es werden nicht irgendwelche zufälligen Ereignisse aus dem Alltag zu Zeichen “uminterpretiert” und dann vermeintlich göttliche Antworten daraus gezogen, sondern es gibt ganz konkrete Dinge, die entweder vorher konkret gebetet wurden oder Dinge, die Gott selbst vorher einem ganz konkret gesagt hat.

Jetzt könnte man fragen: “Was ist aber, wenn Gott nicht zu mir spricht und nichts zu mir sagt?”

Dazu sei erst einmal erwähnt, dass das kein Gradmesser für seine Liebe und Fürsorge für dich ist. In der gesamten Heiligen Schrift hat Gott nur zu den aller, allerwenigsten direkt geredet. Außerdem stellt das bei der Suche nach Gottes Willen kein Problem dar, denn zum Beispiel hat er ja auch nicht zum Knecht Abrahams geredet. Dieser hat aber zu Gott gebetet und ihn um ganz konkrete Zeichen gebeten. Und durch die Erfüllung dieser Zeichen redete Gott dann schlussendlich doch zu ihm – sogar so, dass es keinerlei Spielraum für Fehlinterpretationen gab. 

Das Problem bei dem Ganzen ist also nicht, dass Gott nicht durch konkrete Zeichen zu einem redet, sondern das eigentliche Problem ist, dass nur die wenigsten um ganz konkrete Zeichen bitten.

Warum ist das so?