Fleisch gegen Geist (+ Ermahnung + Reife + Selbsterkenntnis)
Durch die Ergänzungen in der Klammer wollen wir verdeutlichen, wie die einzelnen Abschnitte aufeinander aufbauen und miteinander zusammenhängen. So auch bei diesem Abschnitt.
Wir haben ja soeben gesehen, wie Reife und Selbsterkenntnis enorm dabei helfen können, eine Ermahnung gemäß dem Geist, also auf Gott wohlgefällige Art und Weise, zu verstehen und zu verarbeiten. Fehlt es hingegen an Reife und Selbsterkenntnis, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass alles fleischlich, also auf Gott nicht wohlgefällige Art und Weise verstanden und verarbeitet wird.
Um auf unsere “typisch kindlichen Eigenschaften” zurückzukommen, kann man sagen, dass eine Eigenschaft, die ein Kind so gut wie gar nicht hat, aber jeder reife Gläubige unbedingt haben sollte, die Fähigkeit ist, Informationen, Situationen oder auch Personen geistlich und nicht fleischlich zu beurteilen.
Diese Aussage noch einmal mit den beiden Wörtern “reif und unreif”:
Ein reifer Mensch im Glauben besitzt die Fähigkeit, Dinge geistlich zu beurteilen.
Ein Unreifer (in vielen Bibeln auch als “Unmündiger” übersetzt) wird dieselben Dinge fleischlich beurteilen.
Paulus bestätigt dieses Verständnis, indem er schreibt:
1Kor 3,1 Und ich, meine Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu geistlichen, sondern als zu fleischlichen, als zu Unmündigen in Christus.
Auch der Hebräerbrief dazu:
Hebr 5,13-14 Jeder, der noch Milch genießt, ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit, denn er ist ein Unmündiger. Die feste Speise aber ist für die Gereiften, deren Sinne durch Übung geschult sind zur Unterscheidung des Guten und des Bösen.
Dieselbe Stelle aus einer anderen Übersetzung:
Hebr 5,13-14 Ein Mensch aber, der sich von Milch ernährt, ist im Leben noch unreif und versteht nicht viel davon, was es heißt, das Richtige nach Gottes Wort zu tun. Ein Reifer hingegen kann feste Nahrung zu sich nehmen, weil er seine Urteilsfähigkeit geschult hat und zwischen Gut und Böse unterscheiden kann.
Zu dieser geschulten Urteilsfähigkeit eines Reifen gehören im Grunde alle Belange des Lebens, dadurch auch diejenigen, von denen wir nicht eins zu eins in der Bibel lesen. Aber das Schöne an der Heiligen Schrift ist ja, dass sie eine lebendige Weisung für unser gesamtes Leben ist und keine Aneinanderreihung von Buchstaben aus einem Gebote- und Verbote-Katalog. Geht man aber auf diese “Katalogweise” mit ihr um, wird man, wie es der Hebräerbrief sagt, nicht viel davon verstehen, was es heißt, das Richtige nach Gottes Wort zu tun.
Streckt man sich aber danach aus, sie als diese lebendige Weisung zu verstehen und anzuwenden, dann werden wir in allen Belangen unseres Alltags geschult und so nehmen wir dann an göttlicher Urteilsfähigkeit zu, sodass wir zwischen allem Guten (also allem Gott Wohlgefälligen) und allem Bösen (allem Gott nicht Wohlgefälligen; was es auch immer sein mag) unterscheiden können.
Ein paar kurze, anschauliche Beispiele dazu:
Steht irgendwo in der Heiligen Schrift, dass wir bestimmte Musik nicht hören dürfen, wie z.B. Musik, in der Gewalt verherrlicht wird?
Steht irgendwo in der Heiligen Schrift, dass wir bestimmte Wörter nicht mehr aussprechen sollten, wie z.B. vulgäre Schimpfwörter?
Steht irgendwo in der Heiligen Schrift, dass wir bestimmte Kleidung nicht mehr tragen sollten, wie z.B. freizügige und körperbetonte?
Oder anders gefragt?
Gibt es irgendwo eine genaue Definition darüber, welche Musik man generell hören darf und welche nicht? Welche Wörter im Speziellen man sagen darf und welche nicht? Welche Kleidung jetzt genau freizügig und körperbetont ist und welche nicht?
Nein, die gibt es nicht! Solche Dinge werden auch nicht von uns Menschen, sondern von Gott selbst definiert. Und seinen Geboten und Verboten dürfen wir nichts hinzufügen und nichts davon wegnehmen (5Mo 4,2).
Daher ist es wichtig und notwendig, dass in einer Gemeinschaft diese und ähnliche Dinge weise angegangen werden. Was das im Detail bedeutet, ist umfangreich und komplex, weil es eben alle Belange des Lebens betrifft.
Wichtig dabei ist, dass es für einen jeden von uns ein Prozess, ein Weg ist, bei dem sich jeder an einem anderen Punkt befindet. Für den einen ist klar, dass er gewisse Musik nicht mehr hören, gewisse Wörter nicht mehr sagen und gewisse Kleidung nicht mehr tragen soll oder noch viel stärker: Er/sie will und kann es auch gar nicht mehr, weil es sich nicht mehr mit dem neuen Leben in Christus vereinen lässt. Für jemand anderen ist das aber alles noch nicht so klar.
Daher lasst uns nicht vergessen: Wir sind alle Schüler, die mit der Zeit dazulernen. Es ist, wie es die Stelle aus Hebräer sagt: Unser aller Urteilsfähigkeit wird geschult, sodass wir nach und nach lernen, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden – ob es Kleidung ist, die wir nicht mehr anziehen, ob es Musik ist, die wir nicht mehr hören, ob es Worte sind, die wir nicht mehr benutzen oder was es auch immer ist.
All das ist ein Prozess,
der uns mit der Zeit zur Reife bringt.
Wir betonen das deshalb, weil manche Geschwister, die das eine oder andere bereits verstehen und geistlich richtig beurteilen können, kaum bis teilweise keinerlei Verständnis für diejenigen Geschwister haben, die das nicht bzw. eben noch nicht (!) so sehen. Diese traurige Tatsache kann dann dazu führen, dass das Gegenteil dessen passiert, was wir hier behandeln: Man wird nicht eins, sondern man entfernt sich voneinander, indem man gegenseitig kein Verständnis füreinander hat.
Man könnte es auch so sagen: Der eine muss das, was Gott nicht wohlgefällig ist, durch zunehmende Reife wegtun und der andere muss sein Unverständnis über diejenigen, die das noch nicht so sehen, wegtun:
1Kor 13,11 Als ich ein Unmündiger war, redete ich wie ein Unmündiger, dachte wie ein Unmündiger und urteilte wie ein Unmündiger; als ich aber ein Mann wurde, tat ich weg, was zum Unmündigsein gehört.
Und das, was eben am Wichtigsten ist, wegzutun, ist nicht bestimmte Musik, Worte oder Kleidung, sondern Lieblosigkeit, Ungeduld und Unverständnis für seinen Nächsten!