Keine Ordnung, kein “eins sein”!

Die fünf größten Herausforderungen heute bei der Ordnung in Gemeinschaften

Jeder, der Jesus nachfolgt und nach dem Gesetz Gottes lebt, weiß, dass selbst die klarsten Tatsachen aus der Heiligen Schrift nicht für jedermann gleich klar sind. Der eine hält alle Gebote aus dem Gesetz (natürlich nicht um daraus gerechtfertigt zu werden; Gal 2,16), der andere hält fast alle Gebote und sieht einige andere als abgeschafft an, der nächste hält nur die zehn Gebote (bzw. nur neun daraus) und der nächste hält sie gar nicht. Das Spektrum ist breit.
So ähnlich ist es auch bei der Frage nach der Ordnung. Der eine sagt, dass sie enorm wichtig ist und wir uns in allem danach richten müssen, der andere sieht es “so lala” und der nächste sagt, dass in Christus alle gleich sind und es daher keine Ordnung benötigt – weder in der Gemeinschaft, noch in der Ehe, noch sonst wo.

Unser Fokus – passend zur Serie und zu diesem Teil – werden aber hauptsächlich diejenigen Herausforderungen sein, mit denen am ehesten die Torah haltenden Geschwister konfrontiert werden, wenn es um Themen wie Gemeinschaft und Ältestenschaft geht.

Die erste Herausforderung (womit quasi alles beginnt):
Das Autoritätsvakuum bzw. die unterbrochene Autoritätskette

Was damit gemeint ist, lässt sich am besten veranschaulichen, wenn wir uns die Situation zur Zeit der Apostel etwas genauer ansehen: Damals hatten die “geistliche Autorität” zum einen die Priester und Leviten und zum anderen die Pharisäer und Schriftgelehrten. Letztere hatten (aus den Berichten des NTs erkennbar!) einen größeren Einfluss auf das Volk. Zwischen diesen beiden (also zwischen den Priestern & Leviten und den Pharisäern & Schriftgelehrten), gab es Überschneidungen. Das heißt, ein Pharisäer oder Schriftgelehrter konnte durchaus aus der Linie der Priester oder Leviten stammen. Ohne das an dieser Stelle zu verkomplizieren, fokussieren wir uns darauf, worauf sich auch das NT fokussiert: nämlich auf die Pharisäer oder Schriftgelehrten. Sie hielten sozusagen die Autoritätskette seit der Rückkehr aus dem babylonischen Exil aufrecht.

Jedoch hatte der Glaube an Jeschua eine ganz andere geistliche Grundlage als die der Pharisäer. Das führte dazu, dass sie wegen ihres falschen Verständnisses der Torah, ihren Menschengeboten und natürlich wegen der Verwerfung ihres Messias – logischerweise – nicht geeignet für die Ordnung innerhalb des Volkes gemäß dem Evangelium Jesu Christi waren. Dadurch entstand ein “geistliches Vakuum” und somit die Notwendigkeit, dieses Problem zu lösen. 

Also was tun?

Wir hatten es zuvor gelesen. Unser Herr Jeschua setzte seine 12 Apostel ein, dann später Paulus, der dann Timotheus und Titus, sodass sie wiederum andere Älteste einsetzten.

Wichtig hierbei ist: All das hatte absolut nichts mit der Ordnung im Heiligtum/Tempel zu tun. Diese war davon unberührt!

In anderen Worten: Die Pharisäer und Schriftgelehrten waren nicht maßgeblich zur Zurüstung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes des Christus, weil die meisten ja ihren Messias nicht angenommen hatten und das Volk eher in die Irre führten. Daher setzte unser Herr Apostel, Propheten, Hirten und dergleichen ein. Dadurch wurde die unterbrochene Autoritätskette wieder hergestellt und das Autoritätsvakuum gefüllt, indem unser Herr für diese “neue, besondere Situation” im Volk quasi einen “Neuanfang” gemacht hatte; denn er war die neue, besondere Situation und er war der Neuanfang. Jedoch bedeutet das nicht (!), dass sich etwas an der Torah und der Ordnung darin geändert hatte, sondern die geistliche Führung des Volkes benötigte eine Ordnung, die natürlich gemäß des Evangeliums war. 

Ganz wichtig dabei ist, dass die Ordnung in dem Sinne nicht “neu” war, sondern die Ordnung, von Neuem eingesetzt wurde und die Aufgaben neu verteilt wurden: Es gab im AT die Aufseher und Vorsteher des Volkes, im NT die Apostel und Hirten der Gemeinde; im AT gab es Leviten, die nicht direkt im Heiligtum dienten, sondern in den Stämmen verteilt das Volk die Torah auslegten, im NT gibt es die Lehrer; im AT die Propheten und Gesandten, im NT die Apostel usw.
Daher noch einmal zur Klarstellung: All das hat nichts mit dem Dienst im Heiligtum gemäß der Torah zu tun. Diese Ordnung blieb völlig unberührt und unverändert!

Einen ähnlichen “Neuanfang” gab es schon einmal; denn wenn wir noch ein wenig mehr in der Zeit zurückgehen und uns einen weiteren sehr wichtigen Moment in der Geschichte Israels betrachten, nämlich den Exodus, dann erkennen wir auch dort einen vergleichbaren Vorgang: Denn auch damals gab es schon vor Mose Älteste (s. 2Mo 3,16), …

dennoch brauchte die “neue, besondere Situation” im Volk
eine von Gott von Neuem eingesetzte Ordnung.
Ganz so wie die “neue, besondere Situation” zur Zeit Jeschuas
eine von Neuem eingesetzte Ordnung benötigte.

Inwiefern hilft uns das Ganze für unsere Herausforderungen heute weiter?

Indem wir zuallererst verstehen, dass auch wir in einer Zeit leben, in der es ebenfalls eine “neue, besondere Situation” im Volk Gottes gibt und Gott daher erneut auf besondere Art und Weise wirkt. Denn auch bei uns (wie bei ihnen zuvor) kann die aktuell bestehende Ordnung – in unserem Fall die jüdische wie die christliche – nicht übernommen werden, sondern es benötigt eben eine von Neuem eingesetzte Ordnung. Warum? Weil nach rund 2.000 Jahren der Vater durch den Sohn sein Volk aufweckt und es darauf vorbereitet, zurückzukommen – weg von der verfälschten Ordnung zurück zu seiner Ordnung, weg von den Menschengeboten zurück zu seinen heiligen Geboten und dann irgendwann: weg aus dem Exil zurück ins verheißene Land.

Bis es aber soweit ist, braucht es die von Neuem eingesetzte geistliche Ordnung. Diese Ordnung und Einsetzung der Ältesten kann auf zweierlei Weise geschehen. Einmal so wie hier:

Tit 1,5-9 Ich habe dich zu dem Zweck in Kreta zurückgelassen, damit du das, was noch mangelt, in Ordnung bringst und in jeder Stadt Älteste einsetzt, so wie ich dir die Anweisung gegeben habe: wenn einer untadelig ist, Mann einer Frau, und treue Kinder hat, über die keine Klage wegen Ausschweifung oder Aufsässigkeit vorliegt. Denn ein Aufseher muss untadelig sein als ein Haushalter Gottes, nicht eigenmächtig, nicht jähzornig, nicht der Trunkenheit ergeben, nicht gewalttätig, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern gastfreundlich, das Gute liebend, besonnen, gerecht, heilig, beherrscht; einer, der sich an das zuverlässige Wort hält, wie es der Lehre entspricht, damit er imstande ist, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen als auch die Widersprechenden zu überführen.

Oder die Einsetzung geschieht auf eine andere Weise, wie z.B. so wie hier:

Apg 20,28 Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher eingesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten … 

Diese Art der Einsetzung durch den Heiligen Geist ist also keine, die dem Muster aus Titus folgt, sondern sie geschieht göttlich-übernatürlich. Gott selbst, durch seinen Sohn oder durch seinen Geist, setzt die Ältestenschaft ein. Paulus ist hier sicherlich das anschaulichste Beispiel.

Das Wichtige hier ist nun, dass, ehe die Anforderungen aus Titus erfüllt werden können, es logischerweise auch im übertragenen Sinne einen “Titus” braucht, der diese Einsetzungen überhaupt erst durchführen kann. 

Das ”Neue und Besondere” an unserer heutigen Situation ist, dass vor rund 2.000 Jahren das sog. Autoritätsvakuum direkt durch den Herrn selbst gefüllt wurde, indem er eben seine Apostel einsetzte. Das Entscheidende dabei war, dass die Einsetzung nie zur Debatte stand, weil das Volk die Jünger kannte. Sie wussten (und das ist ganz, ganz wichtig!), dass sie persönlich mit dem Herrn unterwegs waren und vom Herrn selbst eingesetzt wurden.

Aber wie ist das heute, wo man das nicht genau weiß?

Die zweite Herausforderung:
Wie die von Gott eingesetzten Brüder erkennen?

Das ist verständlicherweise gar nicht so einfach. Unter anderem deswegen nicht, weil es noch nie eine Zeit in der Menschheitsgeschichte gab, in der es so viele Ansichten, Meinungen als auch “Versionen von angeblichen Wahrheiten” gab wie heute. Das Internet und da vor allem die sozialen Medien sind voll davon. Dadurch, dass jeder seine Ansichten und Meinungen teilen kann, ist es unvermeidbar, dass Verwirrung aufkommt. Denn logischerweise kann es keine zehntausende von christlichen Denominationen geben, die alle den Anspruch erheben, die Wahrheit innezuhaben und somit die einzige Ältestenschaft zu sein, die wirklich von Gott eingesetzt wurde.

Durch diese Misere ist es mehr als normal und völlig nachvollziehbar, dass Geschwister in vielen Glaubensfragen verunsichert sind. So natürlich auch bei der Frage bzw. der Suche nach den von Gott eingesetzten Brüdern. 

Wie nun dieses Doppel-Dilemma aus Verwirrung und Ungewissheit lösen?

Das Schöne ist, dass dieses Dilemma jeder von uns bei einer anderen wichtigen Frage des Glaubens schon einmal gelöst hat. Denn auch bei der Frage zur Gültigkeit des Gesetzes gab es dieses Doppel-Dilemma. Das heißt, es gab Verwirrung rund um das Thema Gesetz und für viele war die Suche nach der Antwort mit einer nicht geringen Portion Ungewissheit verbunden. Aber man hat sein Herz für die Wahrheit geöffnet, man hat sich von Gott führen lassen, man hat gelesen, man hat geprüft, man hat gebetet und schlussendlich hat man erkannt, dass sein Gesetz noch gültig ist.

Und dieses Wort “erkennen” ist der Schlüssel!

Denn genau auf dieselbe Weise lässt sich unser Problem mit der Suche nach den von Gott eingesetzten Ältesten lösen. Denn auch da muss man sich von Gott führen lassen, man muss sein Herz für die Wahrheit – also für die Einsetzung der Ältesten – öffnen, man muss sie prüfen, man muss um Klarheit beten und dann, wenn diese Ordnung wirklich von Gott eingesetzt wurde, man diese auch erkennen:

1Thes 5,12 Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die erkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen. 

Wir werden also aufgefordert, vielmehr von Paulus darum gebeten, dass wir suchen und prüfen, um dann diejenigen zu erkennen, die von Gott eingesetzt worden sind, uns vorzustehen, uns zurechtzuweisen und uns zu dienen.

Tut man das, dann lösen sich die ersten beiden Probleme (also die fehlende Autoritätskette und das Finden einer Ältestenschaft) in Luft auf. Denn wer aufrichtig sucht, wird auch diejenigen finden, die von Gott eingesetzt worden sind.

… 

Die dritte Herausforderung:
Was ist, wenn man nicht auf der Suche ist?

Wie wir im Punkt zuvor gesehen haben, herrscht Verwirrung und Unsicherheit im Leib Christi. Daher kann diese Verwirrung und Unsicherheit für manche Geschwister so groß werden, dass sie nicht nur Scheu, sondern vielleicht sogar eine Art Abneigung gegenüber einer Ältestenschaft entwickeln. Auch können negative Erfahrungen aus christlichen Organisationen eine Rolle spielen. Genauso kann es auch sein, dass man generell, sagen wir mal, keine Lust auf eine Ordnung und Ältestenschaft hat.

All das ist zu einem gewissen Maße nachvollziehbar. Das eine mehr, das andere weniger. Die entscheidende Frage hierbei ist aber nicht der Grad der Unsicherheit oder das Ausmaß negativer Erfahrungen, sondern natürlich das, was uns die Heilige Schrift zu diesem Thema sagt. Hat man das für sich geklärt, gibt es nur zwei Möglichkeiten:

  1. Es gibt keine Ordnungen oder keine Ordnungen mehr, weil Christus das verändert hat und daher muss man erst gar nicht auf die Suche gehen.
  2. Es gibt Ordnungen. Und wenn es sie gibt, muss man nach ihnen suchen.

Tut man das nicht, also sucht man nicht (aus welchen Gründen auch immer), kann es passieren, dass man von Gott eingesetzte Ordnungen nicht erkennt bzw. nicht erkennen kann, weil man sich selbst davor verschließt.

Auch hier ist unser Herr das beste und anschaulichste Beispiel. Er wurde von Gott eingesetzt, aber diejenigen, die ihn nicht haben wollten, haben ihn auch nicht als den erkannt, der er war und ist. Oder: Manche haben ihn vielleicht in einer versteckten Kammer ihrer Herzen erkannt, aber irgendetwas hat ihnen an ihm und an dem, was er gesagt hat, nicht gefallen, sodass sie sich selbst betrogen und damit ihn verworfen haben.

Daher ist es auch bei diesem Thema mal wieder wichtig, dass wir uns selbst erkennen. Hinsichtlich unserer dritten Frage hier bedeutet das: Wenn man nicht nach einer Ältestenschaft sucht, sollte man sich selbst prüfen und fragen, warum das der Fall ist? Warum man nicht auf der Suche nach einer von Gott eingesetzten Ordnung ist und nicht nach ihr strebt? Was ist im Herzen der Auslöser dafür? Was sind die wahren Beweggründe für diese Haltung?

… Sela.

Die vierte Herausforderung:
Die Erfüllung der Anforderungen aus Titus 1,5-9 (oder auch 1Tim 3,1-7)

Nehmen wir an, dass man die erste Herausforderung (mit der unterbrochenen Autoritätskette und dem Vakuum der Ordnung) verstanden und die dritte Herausforderung gelöst hat, sprich jetzt auf der Suche nach von Gott Eingesetzten ist. Nun kann es gemäß der zweiten Herausforderung dazu kommen, dass das Erkennen derer, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrnsich als problematisch herausstellt – erst recht, wenn man sich dazu die lange Liste aus Titus und Timotheus ansieht.

Warum das so ist, hat viele Gründe. Einer der Hauptgründe ist, dass die heutigen Familienumstände nicht mit denen zu Paulus Zeiten zu vergleichen sind. Nicht einmal ansatzweise. Soll heißen, dass viele der Geschwister eher gemäß der modernen Pädagogik der Welt als in den Wegen Gottes erzogen worden sind; andere Geschwister sind Scheidungskinder, wiederum andere haben selbst eine Scheidung hinter sich. Das sind nur einige nebst vielen, vielen anderen Problemen, die Phänomene unserer Neuzeit sind.

Was aber das Wichtigste ist und gleichzeitig ausnahmslos für uns alle gilt, ist:
Kaum jemand (sehr wahrscheinlich sogar niemand in euren Gemeinschaften) ist in einer Familie groß geworden, die Jeschua nachgefolgt ist und nach der Torah gelebt hat. Dieser Umstand zusammen mit all den anderen Problemen unserer Neuzeit, plus der zuvor erwähnten massiven Verwirrung (die nicht nur geistliche Themen betrifft, sondern eben auch Themen, wie Ehe, Familie und Erziehung) führen schlussendlich zu dem, was wir heute vor uns sehen: Chaos pur.

Aus dieser Verwirrung heraus ruft nun Gott seine Kinder. So natürlich auch seine Ältesten. Dadurch wird natürlich so eine Liste aus Titus und Timotheus umso schwerer erfüllbar.
Oder anders formuliert: Wir leben in einer Zeit, in der die von Gott aufgeweckten Kinder ohne die Kombination aus “Glauben an Jeschua und das Halten der Torah” groß geworden sind. Sie haben nie selbst erlebt, wie es ist, gemäß diesem Glauben erzogen zu werden. Jetzt müssen sie aber nicht nur für sich selbst lernen, auf diesem neuen Weg zu gehen (der eben schmal und schwer ist!), sondern sie müssen das Ganze auch noch in der Ehe und in der Familie umsetzen und vor allem als Eltern diesen völlig neuen Weg auch noch an ihre Kinder weitergeben. Dass es dann dabei, gelinde gesagt, Probleme geben kann und wird, ist mehr als nur vorprogrammiert. Es ist unausweichlich!

Soll das jetzt heißen, dass wir die Verse aus Timotheus und Titus deswegen einfach vernachlässigen können? Das sei ferne! Wir müssen lediglich die Besonderheit unserer Zeit dabei beachten und dementsprechend dies bei der Suche nach Ältesten berücksichtigen. 

Wir können hierzu ein Gedankenexperiment machen, das uns beim Verständnis helfen wird, dass besondere Zeiten durchaus dazu führen können, dass unser Gott besondere Maßnahmen einleitet (erneut kann und sollte man hierbei parallel an die Zeit der Richter denken und sich dabei die von Gott erweckten und befähigten Personen, wie z.B. Simson, vor Augen führen; das kann dabei helfen, den Punkt gleich besser nachzuvollziehen):

Wir stellen uns vor, dass Paulus auf einer seiner Reisen an einem Ort X strandet und dort nicht mehr wegkommen kann. Dann stellen wir uns weiter vor, wie er dort evangelisiert und die Menschen zum ersten Mal die Frohe Botschaft hören. Es bildet sich rasend schnell die erste Gemeinschaft und logischerweise fehlt es dann direkt an einem Ältesten, insbesondere an einem Hirten für die neuen Schafe. Wäre es jetzt so abwegig, dass er selbst diese Aufgabe übernimmt, obwohl er seine eigenen Anforderungen aus Titus und Timotheus nicht erfüllen würde? Denn schließlich ist er nicht Mann einer Frau und seinem eigenen Haus gut vorstehend. Aber wenn jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie sollte er dann für die Gemeinde Gottes sorgen können? 

Wir könnten bei diesem Extrembeispiel auch eine weise, gottesfürchtige Schwester einsetzen, die auf dieser Insel gestrandet ist und das Evangelium verbreitet. Auch bei ihr wäre es sinnig, dass sie zuerst die geistliche Führung der Gemeinschaft übernimmt, bis Gott jemand anderen erweckt oder jemand anderen auf diese Insel schickt.

Ehe jetzt, sagen wir mal, die besonders maskulinen Brüder gleich “abschalten”, sollte man bedenken, dass a) wir hier von einem Extrem- und keinem Idealfall reden und b) dass genau das, was hier ein fiktives Beispiel ist, durchaus sehr real bereits in der Geschichte Israels passiert ist; nämlich durch die Richterin Deborah. Auch bei ihr gab es einen oder mehrere besondere Umstände, die zu besonderen Maßnahmen führten. Und das ist am Ende genau das, was wir durch diese Veranschaulichung aufzeigen wollen:

blankIn besonderen Zeiten
wirkt Gott auf besondere Weise.

 

Die fünfte Herausforderung:
Was ist, wenn man im Nachhinein die Ältestenschaft anzweifelt?

Diese Frage setzt natürlich voraus, dass man zu einem Zeitpunkt X einen Ältesten oder eine Ältestenschaft angenommen hat. Ist das gegeben, lässt sich die Betrachtung im Grunde vereinfacht in zwei mögliche Szenarien aufteilen:

  1. Man hatte die Ältesten als eingesetzt erkannt, aber sie waren es gar nicht und daher zweifelt man sie nun zu Recht an.
  2. Man hat die Ältesten als eingesetzt erkannt, sie waren und sind es auch, aber man zweifelt sie jetzt zu Unrecht an.

Für den ersten Fall ist die Situation einfach, denn obwohl man zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit gedacht hat, dass die Ältestenschaft von Gott eingesetzt worden war, hat man mit der Zeit richtigerweise erkannt, dass dem nicht so ist. Die Konsequenz daraus ist dann meist eine Trennung, was auch gut ist, weil was will man in einer Gemeinschaft, in der die Ordnung keine von Gott eingesetzte ist?

Nun der zweite Fall, bei dem die Ältesten zu Unrecht angezweifelt werden:
Dazu muss man direkt sagen, dass es leider unvermeidbar ist, dass es immer wieder vorkommen kann, dass Geschwister die Ältestenschaft, die sie zuvor gemäß 1Thes 5,12 selbst anerkannt haben, nachträglich in Frage stellen.

Warum ist das so?

Das liegt leider in der Natur der Sache bzw. genauer in der Natur von uns Menschen. Denn wenn es unangenehm wird, versuchen wir Menschen der Situation – quasi impulsartig – zu entfliehen. Dieses “Unangenehme”, dem man entfliehen will, ist in unserem Zusammenhang oft das, was die eigentliche Hauptaufgabe einer von Gott eingesetzten Ältestenschaft ist. Diese hatten wir bereits gelesen:

1Thes 5,12 Wir bitten euch aber, ihr Brüder, dass ihr diejenigen anerkennt, die an euch arbeiten und euch im Herrn vorstehen und euch zurechtweisen

Andere Übersetzungen schreiben: die sich besonders unter euch einsetzen, die sich im Herrn um euer Wohl kümmern, die sich um euch bemühen und euch vor dem warnen, was falsch ist.

Dieses besondere Einsetzen, vor Gefahren Warnen, um das Wohl seines Nächsten Kümmern, kann je nach Person und Situation nicht als Akt der Liebe und Fürsorge, sondern eher als Gegenteil wahrgenommen werden.

blankblankDas heißt, dass das, was eine Ältestenschaft zwingend als ihre von Gott aufgetragene Aufgabe tun muss, beim Nächsten als Kritik, Bewertung, Einengung der eigenen Freiheit, Schlechtmachen oder dergleichen ankommt.

Das wiederum kann dann zu Unfrieden führen. Daher schreibt Paulus auch nicht grundlos direkt im nächsten Vers:

1Thes 5,13 und dass ihr sie umso mehr in Liebe achtet um ihres Werkes willen. Lebt im Frieden miteinander!

Paulus wusste durch seine Weisheit und auch aus eigener Erfahrung (wie wir in seinen Briefen immer wieder lesen können), dass durch Ermahnung und Zurechtweisung Unfrieden aufkommen kann. Aber nicht nur das, sondern gleichzeitig kann dadurch auch die Liebe zwischen den Geschwistern geschmälert werden. Daher schreibt er ja: sie umso mehr in Liebe achtet … lebt im Frieden miteinander!

Auch einem Jakobus waren diese Herausforderungen in Gemeinschaften bekannt. Logo. Er wusste also, dass manche Geschwister sich (ganz allgemein formuliert) eher nichts sagen lassen wollen (egal ob Ratschlag, Ermahnung oder Warnung) und lieber ihre eigenen Wege gehen. Dieser Eigennutz führt dann unweigerlich zu Unordnung und darunter leidet dann natürlich immer der Frieden in der Gemeinschaft. Daher schreibt er alle diese Punkte zusammenfassend auch:

Jak 3,16-18 Denn wo Neid und Eigennutz ist, da ist Unordnung und jede böse Tat. Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, sodann friedfertig, gütig; sie lässt sich etwas sagen, ist voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch und frei von Heuchelei. Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird in Frieden denen gesät, die Frieden stiften.

Dass diese Liebe und Fürsorge der Ältesten teilweise nicht ankommt, kann aber auch andere Gründe haben, u.a. sie selbst können die Ursache sein, indem z.B. ihre Ratschläge und Warnungen nicht in Liebe geschehen. Daher ist beidseitig – mal wieder – Selbsterkenntnis gefragt. Das heißt, dass die Ältestenschaft, sich selbst erkennen muss, ob sie auf Gott wohlgefällige Weise dient, ermahnt und vorsteht, und der Bruder oder die Schwester muss an sich selbst erkennen, ob sie auf Gott wohlgefällige Weise mit den Ältesten umgeht. Beide müssen sich prüfen, ob sie das, was sie tun, im Fleisch oder im Geist tun.

Das Schöne dabei ist, dass selbst wenn beide Fehler machen, in einer gesunden Gemeinschaft man sich darüber austauschen und voneinander lernen kann. Das heißt, dass der Älteste durchaus der ermahnten Person mitteilen kann und sollte, dass er/sie fleischlich mit der Ermahnung umgeht. Genauso darf und sollte der Ermahnte seinem Ältesten in Demut und Sanftmut widerspiegeln, wenn die Ermahnung z.B. genervt, hitzig und nicht in Liebe erfolgt ist, sodass wiederum er sich darin erkennen und dann verändern kann. Durch diese Art der Handhabung der Problematik achtet man sich gegenseitig in Liebe und lebt im Frieden miteinander!

Was in einem derartigen Szenario auf keinen Fall passieren darf, ist, dass a) die Ältestenschaft es persönlich nimmt und nicht mehr in der Liebe für den Nächsten bleibt und b) dass die betroffene Person sich gegen die Ältesten auflehnt, hinter ihrem Rücken redet und Unordnung und Unfrieden in die Gemeinschaft sät.

… 

Wir wollen diesen Block aber nicht mit einer Warnung, sondern mit einem positiven Vorbild für uns alle beenden. Er wird uns dabei helfen, einige der in diesem Block gesehenen Herausforderungen aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Bei diesem Vorbild geht es um einen Mann, dessen Herz nach dem Herzen Gottes war: David.

Was genau war eigentlich an ihm so besonders?

Offensichtlich sein Gehorsam, sein bußfertiges Herz, seine Glaubensstärke, seine Liebe zum Gesetz, seine Demut und sicherlich einige weitere positive Eigenschaften. Diejenige, um die es uns geht und die oft übersehen oder völlig unterbewertet wird (ihn aber mindestens genauso auszeichnet), ist diejenige, dass er bedingungslos der Ordnung und Einsetzung Gottes folgte.

Denn wohl kaum jemand hätte mehr das Recht dazu gehabt, sich gegen die göttliche Ordnung (in dem Fall gegen den von Gott eingesetzten König Saul) aufzulehnen als er. Aber David tat nichts dergleichen. Stattdessen lesen wir:

1Sam 24,7 David sprach zu seinen Männern: Der HERR lasse es fern von mir sein, dass ich so etwas an meinem Herrn, dem Gesalbten des HERRN, tun sollte, meine Hand gegen ihn auszustrecken; denn er ist der Gesalbte des HERRN.

David wagte es nicht, gegen den von Gott eingesetzten Mann etwas zu unternehmen. Egal wie untreu dieser auch war. Daran können wir uns alle ein Vorbild nehmen und das Gericht unserem Gott überlassen. Das ist auf jeden Fall besser, als unserer Zunge freien Lauf zu lassen:

Spr 6,16-19 Diese sechs hasst der HERR, und sieben sind seiner Seele ein Gräuel: stolze Augen, eine falsche Zunge, Hände, die unschuldiges Blut vergießen, ein Herz, das böse Pläne schmiedet, Füße, die schnell zum Bösen laufen, ein falscher Zeuge, der Lügen ausspricht, und einer, der Zwietracht sät zwischen Brüdern.

Aber so etwas tat ein David nicht. Und das ist eben mehr als vorbildhaft!

… 

David und Saul können uns aber auch bei einer weiteren, oft wiederkehrenden Herausforderung hinsichtlich der Ältestenschaft helfen. Dazu vergleichen wir die beiden miteinander. Saul war groß, stark und gutaussehend:

1Sam 9,2 Der hatte einen Sohn namens Saul, stattlich und schön, sodass keiner schöner war unter den Söhnen Israels; um einen Kopf überragte er alles Volk.

… wohingegen über David (obwohl er wohl auch schön war) die anderen Eigenschaften eines stattlichen Mannes nicht zutrafen; denn bei der Auswahl von Isais Söhnen spricht Gott zu Samuel ehe er zuletzt David auswählt:

1Sam 16,7 Aber der HERR sprach zu Samuel: Schaue nicht auf sein Aussehen, noch auf seinen hohen Wuchs, denn ich habe ihn verworfen! Denn der HERR sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, der HERR aber sieht das Herz an!

Was hat das Ganze jetzt mit unserem Thema zu tun?

Bei der Gegenüberstellung der Beiden geht es uns darum, dass Sauls Vorzüge sich eher auf sein Äußeres beziehen. Die Vorzüge Davids aber eher auf sein Inneres. So ähnlich kann es bei der Wahrnehmung von Ältesten sein: Man erwartet vielleicht einen selbstbewusst auftretenden, willensstarken Mann, der quasi alles im Griff hat. Jedoch zeigt ein in der Heiligen Schrift immer wiederkehrendes Muster etwas anderes. Es sind eher diejenigen, die sich selbst gar nicht in der Rolle sehen und auch von anderen nicht in der Rolle gesehen werden, die schlussendlich von Gott ausgewählt werden. Damit sind nicht nur Äußerlichkeiten gemeint, sondern auch Charaktereigenschaften. Mose zum Beispiel war ein zurückhaltender und sehr sanftmütiger Mann, der wohl auch nicht viel von sich selbst hielt und obendrein vielleicht sogar eine Sprachschwierigkeit hatte:

2Mo 6,12 Mose aber redete vor dem HERRN und sprach: Siehe, die Kinder Israels hören nicht auf mich; wie sollte denn der Pharao auf mich hören? Dazu habe ich auch noch unbeschnittene Lippen!

Es könnte also sein, dass Mose nicht unbedingt das Idealbild “eines Befreiers” von über 600.000 Mann gewesen ist.

Was wir im Kern sagen wollen, ist, dass wir vorsichtig damit sein sollten, wenn wir andere, in diesem Fall Älteste, nach menschlichen, weltlichen als auch fragwürdigen jüdischen oder christlichen Maßstäben beurteilen, nach denen sie nicht von unserem Gott beurteilt werden. Es kann nämlich sein, dass unser Vater in seinen Söhnen Dinge sieht, die andere nicht sehen. Daher gilt es beim Suchen und Finden von Ältesten nicht nach weltlichen Vorstellungen zu gehen, sondern nach dem Herzen des jeweiligen Bruders zu sehen, weil auch der HERR nicht auf das sieht, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, der HERR aber sieht das Herz an!