Der schmale Grat im Vertrauen: Nichtstun oder Handeln?
1Mo 25,23 Und der HERR sprach zu ihr: Zwei Nationen sind in deinem Leib, und zwei Völkerschaften werden sich scheiden aus deinem Innern; und eine Völkerschaft wird stärker sein als die andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen. [CSV]
Rebekka erhielt während ihrer Schwangerschaft die Nachricht Gottes, dass der Ältere (also Esau) dem Jüngeren (also Jakob) dienen wird. Bis kurz vor dem Tod Isaaks war die Verheißung immer noch nicht in Kraft getreten. Dann hörte sie, wie Isaak den Esau kurz vor seinem Tod segnen wollte, indem er sprach:
1Mo 27,4-5 und bereite mir ein schmackhaftes Gericht, wie ich es gern habe, und bring es mir her, dass ich esse, damit meine Seele dich segne, ehe ich sterbe. Und Rebekka hörte zu, als Isaak zu seinem Sohn Esau redete… [CSV]
Rebekka bekommt also mit, dass Isaak Esau segnen will. Und das kurz vor seinem Tod. Nun versetze man sich kurz in die Lage der Rebekka. Was muss ihr durch den Kopf gegangen sein? Sollte sie Gott vertrauen und einfach nichts tun? Oder dachte sie sich vielleicht, dass sie ja nicht grundlos diese Nachricht in 1Mo 25,23 erhalten hat, dass der Ältere dem Jüngeren dienen wird? Musste sie aktiv werden oder still halten?
Wenn man sich diese Situation genauer vor Augen führt, fällt einem vielleicht die Parallele zu Abraham und Sarah auf. Auch sie hatten eine Verheißung erhalten, bei der sie aus dem Fleisch heraus aktiv wurden. Auch sie spürten einen zeitlichen Druck. Auch sie haben sich sicherlich ähnliche Fragen gestellt: Aktiv werden oder nichts tun und vertrauen?
Diese Frage (“Aktiv werden oder nichts tun und vertrauen?”) auf diese Weise gestellt, unterstellt dem wachsamen Zuhörer eines: Das “Aktiv-werden” ist nicht im Vertrauen und das “Nichts-tun” ist im Vertrauen. Viele von uns haben dieses Bild. Aber was ist mit dem “Aktiv-werden im Vertrauen“?
Und zwar auch im Vertrauen, dass wenn man fehlgeht, aber im Glauben und im Vertrauen fehlgeht, dass man auch daraus lernen kann?
Wir möchten diese und ähnliche Fragen bewusst so offen stehen lassen und eher mit dem Punkt diesen Abschnitt abschließen, dass…
Röm 8,28 Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind. [SLT]
Heißt das aber jetzt, dass wir blind vorstürmen können und alles dient uns zum Besten, weil wir Gott lieben? Sicherlich nicht, denn wir sollen weise handeln. Und Weisheit braucht Reife. Und Reife braucht Zeit und Erkenntnis und Erfahrung. All diese Dinge kommen nicht von heute auf morgen, sondern sind wie bei einem Kind, das erwachsen wird, mit einem Prozess verbunden. Und wie bei einem Kind, das erwachsen wird auch, ist es nicht immer so, dass die Eltern dem Kind jede Entscheidung abnehmen. So ist es auch in unserem Glaubensleben: Gott nimmt einem nicht jede Entscheidung ab. Denn er wünscht sich ja, dass aus seinen Kindern nicht Roboter oder Unreife, sondern irgendwann erwachsene und reife Männer und Frauen werden…
Eph 4,13-15 bis wir alle zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zur vollkommenen Mannesreife, zum Maß der vollen Größe des Christus; damit wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre durch das betrügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen, sondern, wahrhaftig in der Liebe, heranwachsen in allen Stücken zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus. [SLT]