Immer haben die anderen Schuld
4Mo 17,6 Und die ganze Gemeinde der Kinder Israel murrte am anderen Morgen gegen Mose und gegen Aaron und sprach: Ihr habt das Volk des HERRN getötet! [CSV]
Wir alle kennen das. Und wahrscheinlich haben wir alle es auch schon einmal gemacht: jemand anderem die Schuld gegeben. Niemand von uns hört das gerne über sich, aber wahrscheinlich haben wir dennoch alle diese Schwäche, die uns immer wieder dazu bewegt, nicht die eigenen Fehler zu sehen bzw. einzusehen.
Vor allem im Glauben ist diese Schwäche ein großes Problem. Warum?
Allen voran darum, weil durch sie eine Kette von Ereignissen angestoßen wird, die am Ende schlimme und bleibende Konsequenzen für uns haben.
Was genau ist damit gemeint? Was wäre eine derartige Kette von Ereignissen? Dazu kurz ein Beispiel (welches genau so geschehen ist) und im Anschluss dann die Kette von Ereignissen:
Ein Mann bewirbt sich bei der Polizei. Die Tests im Vorfeld und alles, was dazu gehört, laufen sehr gut ab. Es kommt am Ende zu einer Art “Einstellungsgespräch”, bei dem offene Fragen gestellt werden, um die Tauglichkeit für diesen Beruf zu prüfen. Hierbei geht es auch um das Persönlichkeitsbild des jeweiligen Bewerbers.
In diesem Zusammenhang wird, um es abzukürzen, dem Mann vorgeworfen, dass der Besitzer einer Bulldogge generell fragwürdig für sie sei, weil dieser Typ Mensch meist einem besonderen Charakterprofil entspräche. Der Bewerber kann dem nichts entgegnen und wird am Ende nicht genommen.
So der Bericht des Mannes in kurz, den er seinem Kumpel erzählt; beim Erzählen regt er sich tierisch über die Ungerechtigkeit auf, die ihm angetan wurde und versteht die Welt nicht mehr.
Der Freund erwidert: “Ich kann deine Empörung voll und ganz nachempfinden, aber warum hast du denn nicht erwidert und sie z.B. gefragt: Heißt das, wenn ich als Polizist zu einem Streit zwischen zwei Menschen gerufen werde und ich dabei eine Bulldogge sehe, dass dann automatisch der Besitzer der Bulldogge im Unrecht ist? Heißt das, dass sie mich lehren, ohne dass ich überhaupt angefangen habe für die Gerechtigkeit einzustehen, dass ich Menschen und Situation voreingenommen zu beurteilen habe und schon einen Richterspruch sprechen soll, ohne dass ich überhaupt weiß, worum es geht? Sieht so die Herangehensweise bei der Polizei aus?”
Der Mann denkt über die Aussage nach und sagt: “Stimmt, das wäre ziemlich cool gewesen. Weil was hätten die schon darauf erwidern können? Nichts.”
Was diese Geschichte zeigen soll, ist v.a.:
- Dadurch, dass man die Schuld anderen zuweist, hindert man sich regelrecht daran, die Situation, die geschehen ist, noch einmal nüchtern und emotionslos zu reflektieren.
In seinem Fall: Ist es überhaupt wirklich so gewesen, dass nur die Dogge an der Nichteinstellung Schuld war? - Durch diesen fehlenden nüchternen Rückblick kann es passieren, dass man die eigene Mitschuld gar nicht erkennt.
Wieder auf seinen Fall bezogen: Betrügt man durch die Schuldzuweisung vielleicht sich selbst? Weil man vielleicht nicht wahrhaben will, dass nicht die Dogge allein der Grund war, sondern es andere Gründe gab, warum man es nicht geschafft hat? - Diese vermeintliche Unschuld führt dann dazu, dass man seine eigenen Fehler nicht erkennen und somit nicht an sich selbst arbeiten kann.
In seinem Fall: Deckt man vielleicht seine möglichen Schwächen bewusst oder unbewusst zu, und schiebt in diesem Fall einfach die Dogge vor, sodass man sich selbst nicht mit seinen eigenen Fehlern auseinandersetzen muss? - Mangelnde Selbstreflexion führt nahezu immer dazu, dass man immer wieder dieselben Fehler macht. In den eigenen Augen wird es aber erneut, und logischerweise, nach Unschuld aussehen. Und diese Unschuld hindert uns nicht nur daran, unsere Fehler zu erkennen, sondern sie hindert uns auch daran, dazuzulernen.
In seinem Fall: Die Aussage und Unterstellung der Polizisten bzgl. seiner Dogge ist so unverschämt (was sie ja wirklich ist), dass er gar nicht darüber nachdenkt, was er hätte anders machen können; sprich die Schuld des anderen ist so groß, sodass man gar nicht über sich und sein Verhalten nachdenkt und so eben nichts dazu lernt, wie z.B: Warum habe ich überhaupt meine Dogge erwähnt? Muss das sein, dass ich meinen Hund immer und überall thematisieren muss? War das weise? Hätte ich ihre Unterstellung gegen sie verwenden können, wie es z.B. mein Freud getan hätte? usw. - Im schlimmsten Fall führen solche und andere Vorgehensweisen dazu, dass man mit der Zeit mehr und mehr verhärtet und die Welt gar nicht mehr versteht und sich fragt: “Warum passiert mir das immer wieder? Warum sind die anderen immer wieder so, wie sie sind? Warum ist die Welt so unfair?”
Anders ausgedrückt: Wenn solche Ereignisse immer wieder in unserem Leben vorkommen, kann es schnell passieren, dass wir denken, dass sich die gesamte Welt gegen uns verschworen hat. Dieser Gedanke führt dann schlussendlich in eine Sackgasse, bei der wir kaum für unser Leben dazu lernen. Im Fall des Mannes mit der Bulldogge: Er wird sich nie damit beschäftigen, wie er zukünftig in seinem Leben auf derartige Situationen reagieren könnte. Er wird sich nie damit beschäftigen, ob es intelligent war, seinen Hund zu erwähnen, sondern sich immer wieder sagen: “Was soll daran falsch sein, wenn ich meinen lieben und treuen Hund erwähne?”; er wird, und das ist das wichtigste, sich nie fragen: “Hätte ich anders agieren oder reagieren können? Trage ich vielleicht Mitschuld an dem Ganzen?”
Im Glauben kann diese Eigenart, die Schuld immer von sich wegzuschieben, dazu führen, dass wir im Glauben nicht oder nur schwer vorankommen. Denn die Bibel sagt, dass wir durch und durch ein Problem mit unserer Schwachheit, der Sünde und unserem Herzen haben, welches uns immer wieder unbewusst betrügt. Das heißt, diese “Einstellung”, vielmehr Charakterschwäche kann also dazu führen, dass wir unsere Schuld bzw. Sünde erst gar nicht erkennen können, weil es uns an Selbsteingeständnis mangelt. Das wiederum kann dazu führen, dass man dann gar nicht erst um Vergebung bittet, weil man selbst ja vermeintlich unschuldig ist. Daher, damit das nicht passiert, müssen wir uns auch immer wieder selbst prüfen.
Man kann abschließend festhalten:
Egal wie offensichtlich mein Gegenüber einen Fehler begangen hat, gehören meist zwei dazu. Frage ist also: Was habe ich zu der Situation beigetragen? Wo trage ich Mitschuld? Oder: Was könnte ich das nächste Mal besser machen?
In anderen Worten und als Merksatz formuliert:
“Es ist hundert mal besser, mehr die Schuld bei mir selbst zu suchen, als bei anderen! Denn wenn ich sie bei mir suche, werde ich mich selbst und meine Fehler besser erkennen und so an mir und meinen Schwächen besser arbeiten können. Mit dieser Methode werde ich dann immer und immer wieder Neues für mein Leben dazu lernen. Wenn ich aber immer wieder die Schuld bei anderen und nicht bei mir selbst suche, wird daraus sehr wahrscheinlich gar nichts Gutes entspringen!”
Mt 7,3-5 Was siehst du aber den Splitter im Auge deines Bruders, und den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht? Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Halt, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen! — und siehe, der Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann wirst du klar sehen, um den Splitter aus dem Auge deines Bruders zu ziehen! [SLT]