Die schützende Vogel-Mama
5. Mose 22,6-7 Wenn du zufällig auf dem Weg ein Vogelnest antriffst, auf irgendeinem Baum oder auf der Erde, mit Jungen oder mit Eiern, während die Mutter auf den Jungen oder auf den Eiern sitzt, so sollst du die Mutter nicht zusammen mit den Jungen nehmen, sondern du sollst die Mutter auf jeden Fall fliegen lassen, und die Jungen kannst du dir nehmen, damit es dir gut geht und du lange lebst.
Hier lesen wir von einem Gebot über den Umgang mit Tieren und dürfen dadurch erkennen, dass Gott Tiere nicht egal sind.
Natürlich nicht. Es sind seine Geschöpfe. Man könnte jetzt viel zu diesem Vers sagen, aber im Kern geht es hier vor allem um die Erhaltung der Art und darum, dass wir uns nicht einfach alles nehmen können, was wir finden und haben wollen.
Versteht man das als eine göttliche Weisung, versteht man auch, dass solch ein Gebot nicht nur vor der Ausrottung der Vögel, sondern auch vor der Ausrottung aller Tierarten schützt.
Wieso sollte man auch so grausam sein und eine von Gott geschaffene Tierart auslöschen? Im Gegenteil: Wir sollten darauf achten, dass alle Tierarten erhalten bleiben.
Das würde wiederum für uns gut sein, denn der Text sagt ja: “damit es dir gut geht.” Vielleicht erinnert ihr euch ja sogar noch daran, dass Gott uns als Wächter und Beschützer der Schöpfung eingesetzt hat?!
Leider interessiert das viele Menschen nicht und wir hören zum Beispiel von überfischten Meeren, …
…oder dass Wale oder andere Tierarten fast ausgerottet werden. Vielleicht habt ihr schon mal davon gehört, dass es Gesetze gibt, die manche Tierarten vor dem Aussterben schützen sollen. Solche Gesetze sind eigentlich genau das, was wir hier in diesem Vers als Weisung lernen dürfen.
Aber ist das alles, was diese Weisung uns lehrt? Schauen wir uns dazu die Stelle noch einmal genauer an, um eine weitere Weisung darin zu finden. Es heißt darin: “so sollst du die Mutter nicht zusammen mit den Jungen nehmen …”
Dazu eine Frage an euch: Habt ihr schon mal versucht, einen Vogel zu fangen bzw. einfach so mit der Hand zu ergreifen? Geht das? Nein, das ist quasi unmöglich.
Wenn man nur in die Nähe eines in der Natur lebenden Vogels kommt, dann fliegt er sofort weg. Man wird also keinen Vogel einfach so fangen können.
“Aber was meint der Vers dann?”
Der Vers bezieht sich auf eine ganz bestimmte Situation. Denn die einzige Möglichkeit, einen Vogel mit der Hand zu fangen, ist, wenn er in seinem Nest auf den Eiern oder den Jungen sitzt.
Denn dann möchte der Vogel sein Nest beschützen. Der beschützende Mutterinstinkt ist dabei dann so groß, dass der Vogel nicht wegfliegt. Der Mutterinstinkt schaltet alle Empfindungen für die Gefahr aus und macht sie quasi blind dafür. Sie möchte in dem Moment nur beschützen. Egal was passiert.
Und genau diesen Mutterinstinkt sollen wir nicht ausnutzen!
Wenn wir das so machen, dann verhalten wir uns gerecht und Gott wohlgefällig. Und diese Gerechtigkeit im Umgang mit Tieren lernen wir in der Torah an verschiedenen Stellen. Zum Beispiel auch im Gebot des Schabbats: Da sollen ja – wie die Menschen auch – die eigenen Tiere von ihrer Arbeit ruhen. Oder vielleicht erinnert ihr euch noch an das siebte Jahr im Land: Da dürfen die Tiere nach Lust und Laune essen, was auf dem Feld wächst.
Dies wären nur zwei kleine Beispiele aus der Torah, die uns den Gott wohlgefälligen Umgang mit Tieren lehren und verdeutlichen. Durch solche Gebote sollen wir lernen, diese “Fairness” gegenüber den Tieren auch auf alle anderen Bereiche der Tierwelt anzuwenden.
So, jetzt noch einmal kurz zurück zu dem Mutterinstinkt beim Vogel, den wir nicht ausnutzen sollen. Kann man daraus noch etwas Tieferes und Weitreichenderes für unser Leben lernen?
Ja, das kann man auf jeden Fall. Dazu ein kleines Beispiel, damit ihr direkt versteht, wie auch ihr vielleicht hier und da mal die Liebe eurer Mama ausnutzt:
Ihr wollt am Wochenende zu jemanden aus eurer Schule und kommt deswegen ganz lieb und mit großen bettelnden Augen zu eurer Mama und fragt sie, ob ihr ihr helfen könnt.
Ihr macht das, weil ihr ganz genau wisst, welche Tricks bei ihr ziehen und was genau ihr machen müsst, damit sie weich wird und euch das gibt, was ihr wollt.
Das wäre ein kleines Beispiel dafür, wie vielleicht auch ihr den Mutterinstinkt eurer Mama ausnutzt. Und das sollen wir eben nicht tun.
Ihr seht, wie ein einfaches Gebot, das vielleicht auf den ersten Blick ein wenig seltsam erscheint, …
… am Ende doch ganz schön viel Weisung für unser Leben in sich trägt. Es ist ein bisschen so, wie es der ultra-weise Salomo sagte:
Sprüche 6,6 Geh hin zur Ameise, du Fauler, sieh ihre Wege an und werde weise.
So, damit haben wir euch ein kleines Beispiel gezeigt, wie man Gebote auch als Weisung verstehen kann. Abschließend zu diesem Lehrblock möchten wir euch eine Gemeinschaftskarte geben und euch zu Folgendem ermuntern:
Geht zusammen die Gebote in der Portion 5. Mose 21,10-25,19 durch. Versteht dabei die Gebote nicht nur wortwörtlich, sondern sucht die göttliche Weisung hinter den Geboten. Bei manchen geht das einfach und schnell, bei anderen wiederum nicht. Daher lest sie euch aufmerksam durch und sucht nach den Schätzen in der Torah. Betet dafür um Weisheit und Verständnis:
Sprüche 2,1-4 Mein Kind, achte auf meine Worte und behalte meine Gebote im Gedächtnis. Höre auf die Weisheit und versuche, sie mit dem Herzen zu verstehen.
Bete für Verstand und Einsicht, und suche sie, wie du nach Silber suchen oder nach verborgenen Schätzen forschen würdest.