“Wo bist du?”
Nachdem Adam gesündigt hat, versteckt er sich vor Gott. Wohl noch unwissend darüber, dass das ein absolut sinnloses Unterfangen ist. Der Allwissende scheint in dem Fall “mitzuspielen” und fragt ihn: “Wo bist du?“.
Wenn man sich nun ein vergleichbares Szenario in unserem Leben vorstellt, gewinnt die Situation vielleicht mehr Anwendung auf unseren Alltag:
Gibt es in unserem Leben Dinge, bei denen wir meinen, dass sie Gott verborgen sind, obwohl wir wissen, dass er alles sieht? Oder anders formuliert: Würden wir gewisse Dinge tun, die wir tun, wenn der Allmächtige physisch in unserer unmittelbaren Gegenwart wäre? Also so, dass er uns dabei zusehen und uns auch direkt dabei ertappen könnte. Würden wir dann noch die Dinge tun, die wir vielleicht im vermeintlich Verborgenen tun?
Und wenn wir dann mal direkt dabei erwischt werden würden, würden wir uns dann nicht auch verstecken wollen? Und uns dann entweder wörtlich oder im übertragenen Sinne “nackt” fühlen?
Würden wir vielleicht dann sogar ebenfalls Dinge von uns schieben wie Adam, indem wir so etwas sagen wie z.B.: “Ich kann nichts dafür, ich bin nun einmal so schwach.” Oder sogar vorwurfsvoller: “Du hast mich so erschaffen!”?
Ganz so wie Adam antwortete:
1Mo 3,12 Und der Mensch sagte: Die Frau, die du mir beigegeben hast, sie gab mir von dem Baum, und ich aß. [CSV]
In unserer Sprache heute heißt das: Bloß nicht den eigenen Fehler eingestehen, sondern ihn lieber von sich schieben. Ebenfalls eine Eigenschaft, die typisch für uns ist und erneut unser Problem mit unserem anfangs erwähnten Stolz aufzeigt.
Da Gott nicht nur alles sieht, sondern auch alles weiß, wie würden wir ganz konkret auf die Frage antworten, wenn er uns nach unserem Leben für ihn fragen würde: “Wo bist du?”. So auf die Art: Wo bist du mit deinen Gedanken? Woran hängt dein Herz? Was machst du eigentlich? Bist du bei mir oder bei dir? Wo liegt dein Fokus in deinem Leben?
Können wir uns vorstellen, wie das wäre, wenn der Allmächtige einen Schalter in uns umlegt, sodass nebst den uns bekannten Baustellen in unserem Glaubensleben auch unsere blinden Flecken aufgedeckt würden, sodass wir selbst die wahren Beweggründe unserer Herzen unverfälscht verstehen dürften? Oben drauf: Können wir uns vorstellen wie das wäre, wenn er es uns aufzeigen würde, dass er alle unsere Gedanken kennt; also alles, was sich in unseren Köpfen abspielt? Und wir dürften dann in diesem Moment glasklar erkennen, dass Gott alles an und in uns weiß und mit ansieht. Würden wir uns da nackt und bloßgestellt fühlen?
Wer nicht! Aber: Warum das abtun und sagen: “Das Problem hat doch jeder.”? Denn das ist ja genau das, was Adam tat: “Du Gott warst es, denn du hast mir die Frau an die Seite gegeben.” Oder wir im übertragenen Sinn: “Gott, du bist es, der mich in dieser Schwachheit erschaffen hat.”
Das kann und darf nicht unsere Antwort sein. Unsere Reaktion darauf darf und kann nur sein:
“Hilf mir Vater! Ich brauche Hilfe! Es gibt Baustellen in mir, die kann ich unmöglich ohne deine Hilfe bewältigen. Ich kann mich in gewissen Punkten nicht ohne dich ändern.”
Sagen wir das – von Herzen – erst dann kann uns geholfen werden.