Kopfbedeckung & Bart
4Mo 5,18 Dann soll der Priester die Frau vor den HERRN stellen und ihr Haupt entblößen und das Speisopfer des Gedenkens, das ein Speisopfer der Eifersucht ist, auf ihre Hände legen. Und der Priester soll in seiner Hand das bittere, fluchbringende Wasser haben; [SLT]
Gleich vorab: Wir werden dieses Thema hier nicht im Detail besprechen, möchten aber zumindest kurz darauf eingehen, da dieser Vers sehr häufig als “Beleg” dafür benutzt wird, um aufzuzeigen, dass Frauen Kopfbedeckungen tragen müssen. Der Grund warum wir es thematisieren, ist nicht, weil die Fragen um Kopftuch oder Bart des Mannes so unfassbar wichtig wären, sondern vielmehr möchten wir es als Beispiel dafür benutzen, wie man mit der Heiligen Schrift nicht umgehen sollte.
Direkt ein Beispielvers dazu:
1Mo 32,11 Ich bin zu gering all der Gütigkeiten und all der Treue, die du deinem Knecht erwiesen hast; denn mit meinem Stab bin ich über diesen Jordan gegangen, und nun bin ich zu zwei Zügen geworden. [CSV]
Würde man die gleiche Logik wie bei 4Mo 5,18 anwenden, wo einfach nur ein Umstand beschrieben wird, müsste man sich fairerweise auch die Frage stellen: Muss jetzt jedermann einen Stab mit sich führen, weil hier geschrieben steht, dass Jakob einen Stab nutzte?
Ein anderes Beispiel, welches vielleicht näher am ursprünglichen Vers ist, da es ein allgemein gültiges Gebot beschreibt:
3Mo 19,9 Und wenn ihr die Ernte eures Landes erntet, so sollst du den Rand deines Feldes nicht vollständig abernten und sollst keine Nachlese deiner Ernte halten. [CSV]
Wenn man nun die Meinung vertritt, dass bei 4Mo 5,18 fest davon ausgegangen wird, dass jede Frau bzw. verheiratete Frau ihr Haar bedeckt haben muss, dann müsste man durch diesen Vers auch fest davon ausgehen, dass jedermann ein Feld haben muss. Was ist aber, wenn er keins hat? Oder seines sogar “im Land” verkauft hat? Hat er deswegen gesündigt? Steht irgendwo im Gesetz ganz konkret geschrieben, dass man sündigt, wenn man sein Feld verkauft? Oder irgendwo, dass man einen Stab haben muss? Sodass es Sünde wäre, wenn man ihn nicht hat? Natürlich nicht.
Noch ein Vers zu dieser Art des Denkens im Zusammenhang mit den Priestern, die häufig als “Vorbild” genommen werden (was erst einmal gut ist), aber dann am Ende “Rosinen gepickt” werden, was man von all den Geboten, die sie betreffen, “halten muss” und was nicht:
3Mo 10,6 Da sprach Mose zu Aaron und seinen Söhnen Eleasar und Itamar: Ihr sollt euer Haupthaar nicht entblößen, … [SLT]
2Mo 39,27-28 Und sie machten auch die Leibröcke, aus weißem Leinen, in Weberarbeit, für Aaron und seine Söhne, und den Kopfbund aus Leinen und die hohen Kopfbedeckungen aus Leinen und die Unterkleider aus gezwirntem Leinen; [CSV]
Wenn man im Zusammenhang der Frage: “Kopfbedeckung der Frau oder nicht?” der Auffassung ist, dass der Eingangsvers Beleg genug für das Bedecken ist und sich zusätzlich an den Priestern orientiert (und gewisse physische priesterliche Gebote für einen selbst als gültig erachtet), stellt sich die Frage: “Wieso dann nicht auch diese Gebote halten und tun? Wieso nicht auch sein Haupthaar bedecken, da der Text doch sagt, dass man das Haupthaar als Priester nicht entblößen soll?”; sprich auch hier, wie bei der Frau, der Text davon ausgeht, dass man sein Haupt bedeckt hat. Wer entscheidet nun welche Gebote der Priester physisch gültig sind und welche nicht?
Oder eine andere Frage, die vielleicht viel mehr Aufschluss über die Motive dieser und ähnlicher Debatten gibt: Wieso wird die Kopfbedeckung der Frau so stark thematisiert und die des Mannes nicht? Obwohl es doch zigmal mehr Verse über die Kopfbedeckung des Mannes gibt als umgekehrt? Warum ist das so?
In diesem Zusammenhang noch kurz zum Bart. Vorab: Ja, wir finden es gut, wenn wir Männer Bart tragen. Aber nicht!, weil es irgendwo als Gebot geschrieben steht, sondern weil der Allmächtige sich schon dabei etwas gedacht haben wird, warum uns einer wächst. Das ist aber nicht der Punkt, um den es hier geht. Hier geht es darum, wie ehrfürchtig wir mit dem heiligen Text umgehen; d.h. für diesen Fall: Wann wird einfach nur ein Umstand beschrieben, aber wir machen ein Gebot daraus? Das heißt, wann ist ein Gebot wirklich ein allgemein gültiges Gebot und wann nicht? Und, wann zeigt uns der Zusammenhang klar und eindeutig auf, worum es im Kern geht, sodass es uns nicht erlaubt ist, Rosinen nach unseren eigenen Vorlieben zu picken und dann das eine als Gebot hinzustellen und das andere nicht. Nun zum Vers:
3Mo 21,5 Sie sollen sich keine Glatze scheren auf ihrem Haupt, noch den Rand ihres Bartes stutzen, noch an ihrem Fleisch Einschnitte machen. Sie sollen ihrem Gott heilig sein und den Namen ihres Gottes nicht entweihen; denn sie opfern die Feueropfer des HERRN, das Brot ihres Gottes, und sie sollen heilig sein. [SLT]
Unabhängig davon, was nun genau der Rand des Bartes ist, wird dieser Vers dafür benutzt, um aufzeigen zu wollen, dass der Mann einen Bart tragen muss. Man könnte schon fast sagen, dass bei manchen die Ansicht vertreten wird, dass die Länge des Bartes ein Spiegelbild der Größe des Glaubens ist. Auch hier wäre dann die Frage: Wenn das mit dem Bart so verstanden, angewandt und von anderen erwartet wird, wieso dann nicht auch das mit dem Kopfbund? Oder der Unterwäsche? Es drängt sich also wieder die Frage auf: Wer entscheidet welches physische Detail anzuwenden ist und welches nicht und an wen die jeweiligen Gebote überhaupt gerichtet sind und an wen nicht?
Für uns entscheidet das der Text selbst und sein Zusammenhang: Priester nach Aaron. Wendet man alle diese Dinge als Priester nach Melchizedek dennoch physisch auf sich an (was jedem frei steht), dann sollte die Person aber nicht “Rosinen picken”, sondern eben alles auch physisch tun, was auf den Priester zutrifft – d.h. in diesen Beispielversen auch eine hohe Kopfbedeckung und Unterkleider aus Leinen tragen. Weil wo wäre sonst die klare Linie? Wo wäre der Unterschied zwischen Menschengebot und Gottes Gebot?
Auf diese Weise können und sollten wir nicht mit der Heiligen Schrift umgehen. Wir sollten vielmehr alles in seinem Zusammenhang lassen und in seinem Zusammenhang verstehen. Ansonsten kommen wir auf die wildesten Theorien, u.a. deswegen, weil wir nicht mit seiner heiligen Weisung, seinem Gesetz aufgewachsen sind. Aber auch wenn wir nicht damit aufgewachsen sind, wachsen wir doch hoffentlich in göttlicher Weisheit. Und diese Weisheit, welche wir hoffentlich in unserem Glaubensleben wahrnehmen, sollte uns in Demut dazu führen, dass wir vielleicht das eine oder andere noch falsch verstehen, weil wir schon einiges falsch verstanden haben. Aus diesen Fehlern sollten wir für die Zukunft lernen. Wir sind alle fehlbar und wir erkennen alle Stück für Stück. Du, so wie wir.
Abschließend möchten wir ein paar Punkte anmerken, ehe es vielleicht in der Zukunft einen separaten Artikel zu diesem leider so häufig missverstandenen Thema gibt:
Wir finden auch, dass Männer Bart tragen sollten. Aber nicht!, weil es ein Gebot ist oder gar Sünde, wenn man keinen trägt, sondern weil, wie zuvor erwähnt, sich der Allmächtige sicherlich etwas dabei gedacht hat, warum uns ein Bart wächst.
Genauso finden wir, dass das weibliche Haar eine Zierde der Frau ist, und wenn Schwestern sich diesen Teil ihrer Schönheit für ihren Ehemann bewahren wollen, sehen wir das im höchsten Maße als vorbildlich an.