Was ist die größte Gefahr im Glauben? Teil 2

Praxis-Beispiele des Selbstbetrugs

In diesem Block haben wir versucht, Situationen aus dem Alltag zu beschreiben, die die zuvor genannten Varianten des Selbstbetrugs veranschaulichen sollen. Da den Tricks unserer Herzen quasi keine Grenzen gesetzt sind, ist es schwierig, sich auf eine kleine Auswahl zu beschränken. Da uns die praktische Veranschaulichung aber sehr wichtig ist, haben wir uns für zwölf kleine Alltagsbeispiele entschieden.

Sie sollen dazu dienen, sich selbst anhand der geschilderten Szenarien zu prüfen. Wie zuvor erwähnt, sind zum Beispiel: “Kenne ich das auch von mir? Habe ich schon mal etwas ähnliches gesagt oder getan?” sinnige Selbstprüfungsfragen. Auf diese Weise kann man dann sehen, ob man den einen oder anderen “Trick” auch von sich kennt.

Kurze Anmerkung vorab: Die gleich folgenden Beispiele sind nicht fiktiv, sondern an reale Ereignisse angelehnt. Außerdem können sie alle den zuvor genannten Varianten des Selbstbetrugs (wie z.B. der Schuld-Schieber, der Verharmloser, das Fleischopfer usw.) zugeordnet werden.
Daher empfehlen wir euch wärmstens das jeweilige Beispiel genauer zu betrachten, eine Pause zu machen und nachzudenken, um so herauszufinden, welche der verschiedenen Varianten des Selbstbetrugs dem entsprechenden Szenario zugrunde liegt.

Auf diese Weise werdet ihr auch
ganz automatisch euch selbst besser verstehen!

Wir fangen mal bewusst mit einem sehr obskuren Beispiel an:

“Ich falle leider immer wieder in meine Faulheit zurück, weil ich als Kind mal eine sehr faule Frucht gegessen habe.”

Das mag total absurd klingen, aber wie gesagt: Es sind keine fiktiven, sondern reale Beispiele.

Jetzt wird der eine oder andere sagen: “Wie soll man bei einer derart seltsamen Ausrede sich darin wiedererkennen?”
Zum Beispiel indem man sich nicht allein auf das Faulsein und die faule Frucht konzentriert, sondern den Kern der Ausrede sucht. Hier in diesem Fall ist der Person offensichtlich die eigene Faulheit so extrem unangenehm, dass händeringend eine Ausrede gesucht wird, egal wie absurd diese auch sein mag. Hauptsache man schiebt die Schuld von sich weg. In diesem Fall nicht auf eine Person oder Sache, sondern in die Vergangenheit.

Eine weitere Methode, wie das Beispiel auf sich anwendbar wird, ist, wenn man das Faulsein zum Beispiel durch ein Zornigsein oder Neidischsein ersetzt. Als Ausrede nimmt man dann erneut etwas, was einem als Kind passiert ist.

Für diese beiden Fälle könnte man sogar sagen, dass da durchaus ein Zusammenhang zur Vergangenheit bestehen könnte. Die eigentliche Frage bleibt dadurch aber unverändert: Inwiefern wäre das eine Ausrede für das falsche Verhalten, neidisch oder zornig zu sein?

… 

Nächstes Beispiel: Der schlechte Ratgeber: Angst

Es kommt immer wieder mal vor, dass Geschwister aus Angst aus der Gnade zu fallen, große Schwierigkeiten haben, die Gültigkeit des Gesetzes zuzulassen. Sie wollen zwar Gott aufrichtig gehorsam sein, aber die Angst ist einfach zu groß.

Ähnlich ist es mit Jesus = Gott. Auch hier haben viele Angst, dass, wenn sie Jesus nicht als Gott, sondern “nur” als Christus ehren, sie dadurch ihm irgendwie etwas von seiner Herrlichkeit und Göttlichkeit wegnehmen würden.

Bei Geschwistern, die die Torah halten, gibt es auch Szenarien, wo die Angst eine tragende Rolle spielt, biblische Tatsachen zu akzeptieren. Um nur ein Beispiel zu nennen: das Nicht-Tragen von Quasten, aus der Angst heraus, damit gesehen zu werden, darauf angesprochen zu werden, seltsam damit auszusehen, als Jude zu gelten usw.

Man könnte also sagen: Der eine entkräftet das Gesetz, der nächste ein einzelnes Gebot daraus. Der Grund ist aber in beiden Fällen derselbe: eine Emotion, in dem Fall die Angst. Sie ist die treibende Kraft.
Es geht also gar nicht so sehr um das Verständnis der Heiligen Schrift (obwohl für beide Ansichten natürlich “Argumente” genannt werden, warum das Gesetz bzw. das Gebot nicht mehr gültig sei), sondern es geht vielmehr um die Emotionen. Diese bestimmen das Handeln, in dem Fall bestimmen sie sogar den Gehorsam.

Ganz kurios wird es, wenn man die beiden Fälle miteinander verbindet. Soll heißen: Wenn der Torah Haltende, aber nicht Quasten Tragende, dem anderen die Gültigkeit des Gesetzes anhand von Mt 5,17-19 beweist. Denn da steht ja ausdrücklich, dass das Gesetz nicht abgeschafft ist (Vers 17). Da steht aber auch mindestens genauso ausdrücklich, dass nicht der kleinste Buchstabe aus dem Gesetz vergehen wird und man daher nicht einmal das kleinste Gebot auflösen soll (Verse 18 und 19). Das eine in Vers 17 sieht man, das andere in 18 und 19 nicht. Dennoch will man den anderen aber belehren.

Man könnte zu diesem Beispiel auch sagen, dass das trügerische Herz einen völlig unbemerkt in eine Splitter-Balken-Situation bringt. Man ermahnt jemanden, wobei die Ermahnung im Grunde auch einem selbst gilt. Aber man sieht es nicht, u.a. weil man eben durch das trügerische Herz einen Balken im Auge hat.

… 

Nächstes Beispiel: Ermahnung = richten + lieblos

Es gibt in der Tat Ermahnungen, die richtend und lieblos sind. Sogar mehr als genug. Es gibt aber auch Ermahnungen, die aus Liebe, Anteilnahme, Schutz und Fürsorge geschehen, sie aber am Ende dennoch als richtend und lieblos aufgefasst werden.

Es ist ja auch völlig logisch, warum das passiert. Denn wir haben ja gesehen, dass wir eine quasi angeborene innere Abwehr gegenüber dem Zugeben der eigenen Schuld haben. Und wenn uns jemand ermahnt, dann springt sofort dieses Abwehrsystem an. Es ist sogar so etwas wie das Paradebeispiel für unser Problem mit unserem trügerischen Herzen, denn genau dann, wenn wir ermahnt werden, wollen wir erst recht die Schuld von uns wegschieben, weglenken und wegreden.

Das heißt, es ist auch hier wieder wie im Garten. Und da war es noch nicht mal eine konkrete Ermahnung, sondern lediglich eine Frage hat gereicht, dass direkt das trügerische Herz seine Ausreden auspacken konnte:

1Mo 3,13 Da sprach Gott der HERR zu der Frau: Warum hast du das getan? Die Frau antwortete: Die Schlange hat mich verführt; da habe ich gegessen!

Tausende Jahre später sieht das Ganze in unserem Alltag nicht großartig anders aus. Auch da können Fragen, lieb gemeinte Hinweise, aber auch notwendigerweise klar ausgesprochene Ermahnungen zu ähnlichen Reaktionen führen – bis hin zu dem Punkt, dass eben dem Ermahnenden Lieblosigkeit vorgeworfen wird. 

Wichtige Anmerkung zu diesem Vorwurf: Sollte in einem solchen Fall der Vorwurf der Lieblosigkeit sofort abgeschmettert werden? Nein, auf keinen Fall. Auch dieser sollte aufrichtig geprüft werden, denn – wie es der Volksmund sagt – gehören immer zwei dazu.

… 

Beispiel Nr. 4: Wie soll man da widerstehen?

Die Welt ist voller Reize und somit der Mensch völlig reizüberflutet. Er kann nirgends hingehen und nirgendwo hinsehen, ohne dass ihn etwas reizt, v.a. ohne dass ihn etwas sexuell reizt.

Daher ist für viele klar: Da Gott das alles zulässt und Gott jedem Menschen einen Trieb gegeben hat, dass man diesen Trieb auch ausleben muss. Erst recht diejenigen, die behaupten, dass ihr gottgegebener Trieb so stark sei, dass es andere gar nicht nachvollziehen können, wie unmöglich es für sie sei, ihn zu bändigen.

Bei all dem dürfe man auch nicht vergessen, dass es in der Bibel ja um die Liebe geht. Daher sei es in Ordnung, sich gegenseitig zu lieben – in allen Konstellationen. Auch sich selbst zu befriedigen, läge in der Natur des Menschen, weil so wie das Auge das Tropfen beginnt und die Flüssigkeit quasi aus dem Körper muss, so müsse auch die Flüssigkeit des Mannes aus seinem Körper. So diverse “Theorien”.

In diesem Zusammenhang auch beliebt: “Flirty Fishing”.
Wem das kein Begriff ist, kurz eine Erklärung dazu: Bei dieser, man kann schon sagen: “Evangelisierungslehre” geht es darum, dass Mann und Frau (und mittlerweile sicherlich auch Mann und Mann und Frau und Frau) sich näherkommen, aber mit dem Ziel, den anderen dadurch Jesus näherzubringen. In kurz: Man flirtet und fischt dabei gleichzeitig Menschen. Daher der Name: “Flirty Fishing”.
Eine “Lehransicht”, zu der es diverse christliche Gruppierungen gibt. Es sind also keine Einzelfälle, wo manche durch Selbstbetrug ihren Gelüsten nachgehen, sondern es gibt ganze christliche Denominationen, deren Ziel es ist, durch diese Methode “zu evangelisieren”.

Wie zuvor erwähnt: Wenn es um das trügerische Herz geht, und da v.a. um die eigenen Gelüste, sind der Kreativität bzw. den Abgründen des trügerischen Herzens keine Grenzen gesetzt.

Auch hier sollte man das Beispiel nicht zu vorschnell als: “Ach, das trifft für mich gar nicht zu.” abschmettern, sondern sich stattdessen fragen, wo man selbst gewissen Dingen im Alltag nachgeht, auf die man Lust hat und sich diese dann “zurechtbiegt”, weil man weiß, dass sie eigentlich nicht ganz richtig sind. 

… 

Nächstes Beispiel: Die Zehn neben der Zehn

Das Halten der Zehn Gebote ist etwas, was in den allermeisten christlichen Kreisen eine Selbstverständlichkeit ist (wenn auch oft in einer abgewandelten Form). Nahezu alles andere aus dem Gesetz ist aber abgeschafft worden. Bis auf eine andere Zehn des Gesetzes: der Zehnte – denn da geht es ja um Geld. Und Geld will das Herz des Menschen immer haben. Und am besten immer mehr davon.

Daher ist das Einsammeln des Zehnten, trotz der Abschaffung des Gesetzes, eine völlig normale Praxis im Christentum. Der dabei entstehende Widerspruch ist erst einmal zu vernachlässigen. Fragt dennoch mal ein Mitglied nach, findet man schnell seine vermeintlich biblischen “Argumente” für den Widerspruch.

Manche Denominationen gehen sogar so weit, dass bereits in jungen Jahren von den Kindern der Zehnte von ihrem Taschengeld genommen wird, sodass, wenn sie erwachsen geworden sind, das ganze Spielchen in Fleisch und Blut übergegangen ist. An und für sich ein biblisches Prinzip, seinen Kindern die Wege Gottes von klein auf beizubringen, aber man macht es eben nicht für alle Gebote, sondern nur für diejenigen, wonach das trügerische Herz trachtet. Auf diese Weise geht man in die Irre, denn … 

1Tim 6,10 Denn die Geldgier ist eine Wurzel alles Bösen; etliche, die sich ihr hingegeben haben, sind vom Glauben abgeirrt … 

… 

Nächstes Beispiel: “Jesus hat das ja auch so gemacht …
… auch er hat die Pharisäer beschuldigt und beleidigt.”

Aussagen wie diese (oder abgeschwächte Varianten davon) werden gerne im Austausch mit anderen dafür genutzt, dem eigenen Genervtsein und Zorn einen Freifahrtschein zu geben.

Auch der Eifer für Gottes Wahrheit wird häufig falsch verstanden und noch viel häufiger falsch angewandt. Aber für das trügerische Herz ist dieser “Eifer” die perfekte Ausrede, um endlich unter dem Deckmantel der Heiligkeit Dampf an denen abzulassen, die stur und uneinsichtig sind. Eine traurige Tatsache, die vor allem in den sozialen Medien alarmierend häufig zu beobachten ist.

Noch trauriger wird das Ganze dadurch, dass das alles in der Öffentlichkeit, also auch vor sog. “Ungläubigen” stattfindet, die ihrerseits oft zivilisierter und sogar liebevoller debattieren können als so mancher Gläubiger, der ja vor allem in Sachen Liebe der Welt ein Vorbild sein sollte.

Aber auch diese “Liebe” wird bei dem einen oder anderen missbraucht, indem er meint, dass seine Liebe zur Wahrheit ihm die Freiheit gäbe, rechthaberisch dem anderen mit Worten den Knüppel überziehen zu dürfen.

Zu all dem kann man sagen: Das trügerische Herz freut sich, aber jemand anderes ist traurig, weil er uns nämlich etwas anderes gelehrt hatte:

Joh 13,35 Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.

All das Wissen, all der Eifer für Gott und seine Wahrheit nützt nichts. Selbst wenn … 

1Kor 13,2 Wenn ich Weissagung hätte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis, und wenn ich allen Glauben besäße, sodass ich Berge versetzte, aber keine Liebe hätte, so wäre ich nichts.

… 

Beispiel Nr. 7: “Ich weiß, dass es nicht ganz richtig ist, aber …
… ich feiere Weihnachten und Ostern ja nicht, wie die anderen. Für mich ist das so, dass ich da Jesus feiere.”

Sicherlich meinen das einige so ehrlich, wie sie es sagen, und feiern wirklich von Herzen ihren Erlöser. Dennoch gibt es da ein Problem. Erst recht, wenn man weiß, dass beide Feste historisch nachweislich heidnisch sind. Obendrein findet man beide Feste nirgends in der Bibel. Dennoch bleiben aber viele bei ihrem Standpunkt.

Durch dieses Verharren sind wir wieder da, wo wir in diesem Teil schon so häufig waren: im Garten Eden. Denn auch hier wird vom Baum der Erkenntnis gegessen, indem der Mensch und nicht Gott entscheidet, was gut und was böse ist bzw. welche Feste zu feiern sind und welche nicht.

Und, wie es immer der Fall ist, gibt es natürlich auch hier klare biblische Argumente für das Hinzufügen oder Wegnehmen von Geboten. Ein Phänomen, was auch unter Torah-Haltenden weit, weit verbreitet ist.

… 

Das nächste sehr kurze Beispiel:“Mal am Sabbat arbeiten, ist ja nicht so schlimm! … 

… oder sich mal nicht zum Fest versammeln, oder mal was Unreines essen, oder mal keine Tzitzit tragen. Das ist alles nicht so schlimm.”

Ist dem so?

… 

Nächstes Beispiel: “Ja, aber du machst doch dieses und jenes auch nicht!”

Wenn dieser Einwand in Gottes Augen wirklich seine Berechtigung hätte, dürfte es keine Prediger und Lehrer geben. Denn jeder von ihnen wird über das eine oder andere sprechen, das er selbst noch als Baustelle hat. Das ist bei uns nicht anders. Wir lehren auch über Dinge, die bei uns selbst noch Baustellen sind. Inklusive diesem Text hier.

Das heißt: Natürlich haben auch wir ein böses und trügerisches Herz. Klar, was sonst?! Aber je mehr wir auf die Tricks unserer Herzen achten (v.a. auch gegenseitig in der Gemeinschaft), desto mehr fällt es uns auf und desto besser können wir dagegen ankämpfen. Gemeinsam.

Zurück zur Aussage: “Ja, aber du …”. Sie ist im Grunde nichts anderes als der traurige Versuch, das eigene Fehlverhalten auf die Unvollkommenheit des anderen zu schieben.

Eine ähnliche Masche ist auch bei einigen Geboten beliebt, mit denen man sozusagen “ein Problem hat”. So auf die Art: “Ja, aber du hältst doch dieses oder jenes Gebot auch nicht, deswegen …”.

Dieses “Deswegen” soll bewirken, dass alles, was einem vorher biblisch korrekt erklärt wurde, quasi ungültig gemacht wird. Es ist vergleichbar mit dem “Erfüllen” aus Mt 5,17. Dieses Wort kann ebenfalls bewirken, dass die Dinge, die zuvor gesagt wurden, aufgehoben werden. In dem Fall die Warnung Jesu vor der Abschaffung des Gesetzes. Angeblich.

… 

Beispiel Nr. 10: Das verborgene Feindbild
Jemand hat mal rückblickend auf eine Phase seines Glaubens gesagt: “Im Grunde hätte mich jeder ermahnen können. Und das zu recht. Aber wenn es diese eine spezielle Person war, konnte ich es einfach nicht annehmen.”

Die Aussage lässt vermuten, dass, obwohl jeder eine Ermahnung hätte aussprechen können, nur eine Person ermahnt hat. Das wiederum führte offensichtlich dazu, dass man das Gesagte von dieser speziellen Person zunehmend nicht annehmen konnte. Ein Phänomen, das sicherlich viele Hirten kennen, wenn sie aus ihrer Fürsorge heraus, und zum Schutz ihrer Geschwister, sie ermahnen müssen. Denn das ist mitunter ihre Hauptaufgabe, die sie von Gott bekommen haben.

Da aber eben das Fleisch gegen den Geist kämpft, führt das häufig dazu, dass man das Gesagte nicht hören will bzw. manchmal auch nicht kann. Das trügerische Herz verschließt sozusagen die Ohren. 

Dieses Dilemma, dass man nicht ermahnt werden will und der Älteste dies aber verpflichtet ist zu tun, führt leider oft zu Unruhen und Unfrieden. Etwas, was Paulus sehr gut kannte und daher bittend schrieb:

1Thes 5,12-13 Wir bitten euch aber, ihr Brüder, dass ihr diejenigen anerkennt, die an euch arbeiten und euch im Herrn vorstehen und euch zurechtweisen, und dass ihr sie umso mehr in Liebe achtet um ihres Werkes willen. Lebt im Frieden miteinander!

… 

Vorletztes Beispiel: Der verzerrte Wahrnehmer

Vorab eine kleine Veranschaulichung dazu: Wir stellen uns vor, dass jemand in einen manipulierten Spiegel blickt, der einen kräftiger oder schlanker erscheinen lässt. Man glaubt, dass die Reflektion des eigenen Ichs korrekt ist, aber dem ist nicht so, weil eben alles verzerrt wird. 

So ist es auch, wie anfangs erwähnt, manchmal bei unserer Selbstwahrnehmung oder der Wahrnehmung gewisser Situationen. Auch hier können wir Dinge verzerrt wahrnehmen. Würde uns dann jemand darauf ansprechen, würde uns nichts auffallen. Selbst wenn wir uns aufrichtig prüfen würden.

Es gibt einige Gründe, warum das passiert und wir Dinge verzerrt wahrnehmen und uns dann auch verzerrt daran zurückerinnern. Einer der Hauptgründe ist natürlich auch hier unser trügerisches Herz. Denn wenn es sich keine Fehler eingestehen will, greift es mitunter auch auf dieses Mittel der verzerrten Wahrnehmung zurück. Ganz un- und unterbewusst.

Ein allseits bekanntes Beispiel hierfür wäre, wenn zwei Personen darüber streiten, was der eine gesagt oder nicht gesagt haben soll. Logischerweise kann nur einer richtig liegen. Oft ist es dabei aber nicht das Erinnerungsvermögen, das einem einen Streich spielt, sondern eben das trügerische Herz. Logischerweise erst recht dann, wenn die richtige Erinnerung den eigenen Fehler verdeutlichen würde.

… 

Letztes Beispiel: “Meine Taufe war ungültig, weil …”
Oder: “Meine Ehe war ungültig, weil …”, oder: “Mein Gelübde war ungültig, weil …”. 

Natürlich kann es Gründe bei dem einen oder anderen geben, die tatsächlich biblisch sind, aber in den allermeisten Fällen, wenn solche Aussagen getroffen werden, ist der wahre Grund, dass man erst im Nachhinein die Tragweite seiner Entscheidung begreift und bereut. Da man dann irgendwie “aus der Nummer rauskommen will”, erfindet das Herz vermeintliche Argumente dafür, warum das eine oder andere ungültig sei.

In Wahrheit sind dann aber meist die Herausforderungen in der Ehe, oder dass das Gelübde doch viel härter ist, als man es sich vorgestellt hatte usw., die wahren Gründe, warum man glaubt, dass das eine oder andere ungültig gewesen sein müsse.

Dies waren jetzt ein paar Beispiele “mitten aus dem Alltag”, die aber keineswegs eine vollständige Liste darstellen sollen. Denn logischerweise gibt es zig Szenarien mit den unterschiedlichsten Menschentypen, die zu den unterschiedlichsten Situationen führen können. Nichtsdestotrotz wird man dennoch beim genauen Hinsehen viele der hier aufgeführten “Selbstbetrugs-Tricks” wiedererkennen – ob nun in vergangenen oder in zukünftigen Situationen. Fakt ist:

blankJe mehr man im Alltag die eigenen Worte
und Handlungen aufrichtig prüft,
desto eher und häufiger wird man diese Tricks
an sich selbst erkennen und sie so entlarven,
damit man zukünftig immer weniger in diese Fallen tappt.

Wie genau man sie entlarvt und wie man anschließend gegen diesen Selbstbetrug ankämpfen kann, schauen wir uns jetzt zum Abschluss an.