Es gibt einen weiteren Zusammenhang zu Bileam und Gottes Wirken in seinem Leben, der vielleicht ebenfalls für viele von uns seltsam ist. Es ist die Tatsache, dass es Menschen wie ihn geben wird, die durchaus eine Beziehung zu Gott haben und durch die Gott auch wirkt, aber am Ende wird diesen Menschen der Zugang in die Ewigkeit verwehrt werden. Der anschaulichste Beleg für diese Aussage sind die Worte des Sohnes Gottes:
Mt 7,22-23 Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen! [SLT]
Er sagt ihnen nicht, dass sie lügen und daher von ihm weichen sollen. Nein, sie haben wohl in der Tat geweissagt, Dämonen ausgetrieben und viele Wundertaten vollbracht, aber das scheint nicht ausschlaggebend zu sein.
In anderen Worten: In den Augen dieser Menschen waren sie im Glauben und hatten eine Beziehung zu Gott und seinem Sohn. Ihr Glaube wurde für sie sogar durch Wunder und Zeichen bestätigt. Aber diese Wunder und Zeichen kann Gott durch alle wirken – sogar durch Esel oder durch die Bileams dieser Weltzeit. Was ihm wichtig ist, sind nicht die Wundertaten oder der Glaube, den wir mit unseren Lippen kundtun, sondern das Herz, das sich ihm und seinem Willen unterordnet. In allem!
Hier ein kurzes und anschauliches Beispiel dazu, wie jemand Wunder wirken kann, dabei kein Nachfolger Jesu ist, es aber ihm dennoch gewährt wird:
Lk 9,49-50 Johannes aber antwortete und sprach: Meister, wir sahen jemand, der in deinem Namen die Dämonen austrieb, und wir wehrten es ihm, weil er dir nicht mit uns nachfolgt. Und Jesus sprach zu ihm: Wehrt ihm nicht! Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. [SLT]
Kurze Anmerkung zu Mt 7,22-23:
Jedes Mal wenn wir diese Stelle bringen, gilt es zu erwähnen, dass nur weil unser Herr Jeschua spricht: “Weicht von mir, ihr Gesetzlosen!“, dass
a) das noch lange nicht heißt, dass alle, die das Gesetz nicht bzw. noch nicht als gültig erachten, verloren sind und
b) dass das noch lange nicht heißt, dass alle, die jetzt den Sabbat und die Festtage Gottes halten und keine Krabben mehr essen, gerettet sind.
Die Erwartungen Gottes an uns sind wesentlich höher. Daher spricht unser Meister kurz vorher folgende warnende Aufforderung aus:
Mt 7,13-14 Geht ein durch die enge Pforte! Denn die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der ins Verderben führt; und viele sind es, die da hineingehen. Denn die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt; und wenige sind es, die ihn finden. [SLT]
Wenn man aber z.B. Bileam gefragt hätte, hätte er sicherlich gesagt, dass er auf diesem schmalen Weg ist. Würde man heute diejenigen fragen, die Wunder tun, Dämonen austreiben und weissagen, würden auch sie, wie die Bileams dieser Welt, sagen: “Natürlich bin ich auf dem schmalen Weg.”
Und selbstverständlich würde wohl auch nahezu jeder, der das Gesetz hält, sagen: “Ja, ich bin sicher auf dem schmalen Weg.”
Die gesündeste Haltung und Sicht auf sich selbst aber ist eher diejenige, die Paulus uns vorgelebt hat. Auch er hielt das Gesetz (Apg 21,24). Auch er war in Christus und absolut vorbildlich im Dienst für Gott. Man könnte vereinfacht sagen, dass er in allem Gott wohlgefälliger war als wohl jeder von uns. Dennoch schrieb er diese Worte:
Phil 3,5-14 Beschnitten am achten Tag, vom Geschlecht Israel, vom Stamm Benjamin, Hebräer von Hebräern; was das Gesetz betrifft, ein Pharisäer; was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Versammlung; was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, für untadelig befunden. Aber was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet; ja wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, damit ich Christus gewinne und in ihm gefunden werde, indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die, die durch den Glauben an Christus ist – die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben; um ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden, indem ich seinem Tod gleichgestaltet werde, ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten. Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möge, indem ich auch von Christus Jesus ergriffen bin. Brüder, ich denke von mir selbst nicht, es ergriffen zu haben; eins aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus. [CSV]
Diese seine Worte stehen keineswegs dafür, dass er uns Zweifel an der Größe des Werkes Christi lehrt oder er selbst kleingläubig war. Viel mehr stehen sie dafür, dass es eine gesunde und demütige innere Einstellung ist, die einem bewusst macht, dass man nicht mit einem Zeitpunkt genug der Gnade Gottes empfangen hat, sondern bis an sein Lebensende von ihm und seiner Gnade abhängig ist.