1Mo 28,10-32,2 – Habt ihr mich lieb?

Wie muss sich Lea gefühlt haben?

In dieser Leseportion geht es viel um Jakob, Laban und Rahel. Aber eben auch um Lea, um Jakobs erste Frau. Zu ihr steht in 1. Mose 29,30 geschrieben: ”Jakob hatte Rahel lieber als Lea”.

Eine kurze Frage dazu: Könnt ihr euch vorstellen, wie sich Lea bei all dem gefühlt haben muss? War es ihr egal, dass ihr Mann ihre Schwester mehr liebte? Der Text gibt uns die Antwort darauf: Nein, Lea war es nicht egal. Sie kämpfte immer und immer wieder um Jakobs Liebe. Das zeigt sich deutlich an mehreren Stellen:

1. Mose 29,32 … Lea sprach: Jetzt wird mein Mann mich lieben, weil ich ihm einen Sohn geboren habe.
34 Jetzt wird sich Jakob mir endlich zuwenden, weil ich ihm drei Söhne geboren habe!
30,20 Jetzt wird mich mein Mann anerkennen, weil ich ihm sechs Söhne geboren habe!

Wie man durch diese Aussagen Leas unschwer erkennen kann, bemühte sie sich stets um die Liebe Jakobs, aber sie bekam diese Liebe wohl nicht. Warum erwähnen wir das Ganze? Inwiefern ist das wichtig für euch?

Dazu möchten wir euch eine Geschichte aus dem Leben eines unserer Brüder erzählen:

Vor ca. 25 Jahren, als ich 12 oder 13 Jahre alt war, habe ich mich ziemlich ähnlich wie Lea gefühlt. Unter anderem, weil ich wegen einiger Ereignisse zu dem Schluss gekommen war, dass mein Vater mich weniger liebte als meine Schwester und meinen Bruder.

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Ich habe so ähnlich wie Lea versucht vieles zu machen, aber es hat scheinbar nie gereicht, um genauso geliebt zu werden wie meine Geschwister. Zum Beispiel habe ich meinen Führerschein für eine Mofa nicht beim ersten Mal geschafft, meine Schwester aber hat Ihren Autoführerschein sofort geschafft. Durch solche und ähnliche Dinge wurden wir miteinander verglichen. Vor allem aber habe ich mich immer wieder mit meinen Geschwistern verglichen. Und in meinen Augen habe ich dabei meistens ziemlich schlecht abgeschnitten. Das führte dazu, dass ich mich von meinen Vater nicht mehr geliebt und angenommen fühlte. Diese Verletzungen in meinem Herzen zerstörten meine Beziehung zu ihm und dadurch respektierte ich ihn nicht mehr. Es war ein total kaputtes Verhältnis und er war mir am Ende sogar irgendwie egal.

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Heute weiß ich, dass dieser Zustand für jeden Menschen gefährlich ist und für Kinder ganz besonders. Aber was hätte ich denn tun können? Ich war ja schließlich selbst noch ein Kind.

Heute weiß ich auch aus Gesprächen mit meinem Vater, dass er mich auch damals von Herzen geliebt hat. Leider habe ich das nie so gesehen oder empfunden und habe mich auch nie getraut, ihm das zu sagen. Ich habe mich als Kind nie getraut, diese Frage zu stellen: “Papa, hast du mich lieb?”

Stattdessen habe ich – wie Lea – versucht durch verschiedene Dinge und Leistungen, seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber leider habe ich ihm nie gesagt, was in mir los ist. Hätte ich das mal sofort gemacht, dann hätte ich nicht so viele Jahre mit einem schlechten Gefühl gegenüber meinem Vater leben müssen. Und möglicherweise wäre einiges in meinem Leben anders gelaufen. 

Was ich euch also als erwachsener Mann heute raten kann, ist:
Macht bitte nicht den gleichen Fehler, wie ich, sondern sprecht darüber, wenn es euch ähnlich geht. Geht zu euren Eltern und sagt Ihnen, was in euch los ist.

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Mein Sohn hat es zum Beispiel besser als ich gemacht.
Er kam vor ungefähr zwei Jahren zu mir. Damals war er acht Jahre alt und fragte mich, ob ich ihn genauso liebe wie seine Schwestern. Diese einfache Frage brachte mich zum Nachdenken und hatte mir gezeigt, dass mein eigenes Kind das nicht genau weiß. Ich war nun also in der gleichen Lage wie mein Vater. Ich liebe meinen Sohn sehr, aber – so wie ich damals auch – konnte er das scheinbar nicht ganz fühlen. 

Für mich war diese Frage ein Weckruf gewesen, ihn offen darauf anzusprechen und ihm von mir und meinem Vater zu erzählen. Was hat sich nach unserem Gespräch zwischen meinem Sohn und mir verändert? Sehr viel! Anders als bei mir und meinem Vater damals, können wir heute Missverständnisse sofort klären. Dadurch kann bei ihm erst gar nicht das Gefühl entstehen, dass er für mich weniger wert ist als andere.

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Ich hoffe, dass auch ihr eure Eltern darauf ansprecht, wenn es euch so ähnlich wie mir oder meinem Sohn geht. Dass das Mut von euch braucht, ist klar. Aber gebt euch ‘nen Ruck und traut euch. Eure Eltern werden euch keineswegs böse sein, sondern im Gegenteil. Sie werden sich darüber freuen. Sehr sogar. Auf keinen Fall solltet ihr das einfach für euch behalten, sondern eben offen und ehrlich darüber reden. Das ist sehr, sehr wichtig!!

Dazu zum Abschluss auch noch ein Appell an die Eltern:
Sucht das Gespräch mit euren Kindern. Auch wenn ihr denkt, dass das gar nicht sein kann, schadet das Nachfragen nicht. Und wenn ihr selbst noch Ungeklärtes mit euren Eltern habt, dann sucht auch dort das Gespräch. Offene und versöhnende Gespräche sind mit das Schönste, was wir zwischenmenschlich erleben können. Ihr wisst das! Also gebt auch ihr euch ‘nen Ruck und traut euch!

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Da wir gerne mit diesem wichtigen Punkt abschließen wollen, gibt es heute ausnahmsweise keine Zusammenfassung der Inhalte dieser Folge, stattdessen eine große Portion an Segenswünschen für eure Familiengespräche. (Gemeinschafts-Karte)

Gottes versöhnende Kraft und Liebe sei mit euch!