Wächter des Wortes
5Mo 4,2-Tests – Teil 10:
Männer müssen dies, Frauen müssen jenes


Unreinheit

Die Heilige Schrift benutzt das Wort “Unreinheit” sehr unterschiedlich. Es kann eine äußere als auch innere Unreinheit beschreiben, es kann als ein Synonym für ein ungöttliches Leben benutzt werden, es kann sich aufs Essen beziehen und vieles mehr. Die Unreinheit, die uns hier interessiert, ist der von Gott definierte Zustand der Unreinheit, in den ein Mensch kommen kann. Dieser Zustand hat nicht zwingend etwas mit einer Verschmutzung oder so zu tun. Eine Katze zum Beispiel ist ein unreines Tier, aber sicherlich nicht deswegen, weil sie sich wie ein Schwein im Dreck wälzt. Das Berühren beider, wenn sie tot sind, versetzt aber den Menschen in beiden Fällen in den Zustand der Unreinheit. Das lesen wir z.B. in 3Mo 11. Ein Beispiel daraus:

3Mo 11,31 Diese sollen euch unrein sein unter allem Gewimmel; jeder, der sie anrührt, wenn sie tot sind, wird unrein sein bis zum Abend.

Ebenfalls in 3Mo 11 lesen wir hiervon:

3Mo 11,4 Aber von den Wiederkäuern und denen, die gespaltene Klauen haben, sollt ihr die folgenden nicht essen: …

Dann folgt im gesamten Kapitel eine Auflistung von Tieren, die rein und unrein sind. Der Unterschied bei den eben gelesenen Stellen ist aber: Das Essen von unreinen Tieren ist Sünde. Das Berühren des Aases unreiner Tiere aber nicht. Da wird man lediglich, wie es der Text sagt: unrein bis zum Abend. Es gibt also einen gravierenden Unterschied zwischen “unrein und unrein”. Manches ist Sünde, anderes wiederum nicht.

Eine einfache Merkregel, die uns dabei hilft, um unterscheiden zu können, was was ist, lautet:
Wenn die Torah so etwas sagt, wie: unrein sein bis zum Abend oder derjenige bleibt sieben Tage lang unrein. oder dergleichen, dann ist die Rede von dem zuvor erwähnten  Zustand der Unreinheit.

blankDieser Zustand (also wenn man unrein wird) hat erst einmal absolut nichts (!) mit Sünde zu tun.

Es kann aber zu einer Sünde werden (sogar zu einer todeswürdigen Sünde), wenn man in diesem von Gott definierten Zustand der Unreinheit eine ganz bestimmte Sache macht, nämlich das hier:

3Mo 15,31 So sollt ihr die Kinder Israels von ihrer Unreinheit absondern, damit sie nicht wegen ihrer Unreinheit sterben, wenn sie meine Wohnung verunreinigen, die in ihrer Mitte ist.

Hier lesen wir davon, dass der Zustand der Unreinheit, der vorher z.B. bis zum Abend anhielt, völlig problemlos war, aber dann schlagartig zu einem Riesenproblem wird, wenn man eben in diesem Zustand zur Wohnung Gottes kommt und sie dadurch verunreinigt.

Dazu direkt ein praktisches Beispiel zur Veranschaulichung:
Nehmen wir an, dass man damals zu Zeiten von Salomo im Nordreich lebte und mehrere Tagesreisen vom Tempel in Jerusalem entfernt war. Zu einem besonderen Anlass (sagen wir mal, um Gott ein Dankopfer zu bringen), machte man sich nun auf den Weg. Nehmen wir weiter an, dass die Reise drei Tage dauerte und man am vierten Tag nach seiner Abreise vorhatte, zum Heiligtum zu gehen. Jeder vernünftige und sein Leben liebende Mensch würde ganz automatisch alle Reinheitsbestimmungen der Torah beachten, v.a. diejenigen, wo man länger als nur bis zum selben Abend im unreinen Zustand ist, weil man ja vor vier Tagen den Entschluss gefasst hat und sich vielleicht davor schon verunreinigt hat. Sollte diese Möglichkeit bestehen, würde man natürlich den Ablauf der entsprechenden Frist abwarten.
Genauso würde man auch, dort in Jerusalem angekommen, am entsprechenden Tag, wo man zum Tempel gehen will, alles genauestens beachten, damit man sich ja nicht verunreinigt.
Sollte man sich bei alldem trotz aller Vorsicht dennoch verunreinigt haben, ohne es zu merken, dann war einem die eigene Unreinheit verborgen, wie es die Torah sagt, und natürlich gilt dann keine Todesstrafe.

Dieses Beispiel soll veranschaulichen, wie man ganz automatisch und akribisch genau auf all das und wahrscheinlich noch viel mehr achten würde. Die Frage, die sich jetzt daraus ergibt, ist folgende:
“Was ist, wenn man einfach im Nordreich bleibt und nicht zum Tempel geht? Oder wie heute, gar kein Tempel mehr da ist?”

Die Beantwortung dieser Frage hat damit zu tun, was wir im letzten Teil zum Thema “Darf man ‘unrein’ zur Versammlung?” hatten. Hier der entsprechende Ausschnitt daraus:

“Im Zusammenhang mit der Überschrift hört man immer wieder, dass Schwestern gesagt wird, dass wenn sie ihre Periode haben, sie nicht zur Sabbat-Versammlung kommen dürfen. Als Grund hierfür wird ihre “Unreinheit” aufgeführt.

Auch hier müssen wir wieder die Frage stellen:
Wo in der Torah steht, dass eine Frau (oder auch ein Mann), wenn er unrein ist, nicht zur Sabbat-Versammlung kommen darf?

Antwort: Nirgends.

Wir lesen davon, dass man nicht in das Zelt der Zusammenkunft gehen darf, aber von einem Versammlungsverbot bei Unreinheit lesen wir nichts.

Also wie kommt man dann auf so etwas?

Ganz einfach: Man nimmt ein physisches Gebot, in dem Fall eines, das mit dem Zelt zu tun hat, vergeistlicht es und bringt es dann wieder zurück ins Physische. Das bedeutet in diesem Fall:
Aus: “Man darf nicht unrein zum Zelt kommen” macht man ein: “Man darf nicht unrein zur Versammlung kommen”. So die Auslegung.

Bei einigen geht diese Auslegung sogar so weit, dass gesagt bzw. gelehrt wird, dass eine Frau während ihrer Periode nicht beten darf. Auch hier wird wieder derselbe Grund genannt bzw. dasselbe Muster angewandt:
Aus: “Man darf nicht unrein zu Gott, also zum Zelt, kommen” macht man ein: “Man darf nicht unrein zu Gott kommen und zu ihm beten”. So die Logik.

Auch hier wäre die Frage wieder: Wo steht das? Wo steht, dass eine Schwester während ihrer Periode die ganzen Tage über nicht beten darf?

Man bedenke hierbei auch, dass wenn man dieses Gebot mit dem Zelt und der Unreinheit auf diese Weise auslegt, dann muss man auch alles andere, was in diesem Zusammenhang geschrieben steht, mit berücksichtigen. Denn kommt man unrein zum Zelt, gibt es die Todesstrafe. Das würde bedeuten, dass auch zur Versammlung kommen oder zu Gott zu kommen und zu ihm zu beten, todeswürdige Sünden wären. Alles andere wäre auch hier wieder ein Rosinenpicken. Man kann nicht das eine aus einem Gebot nehmen und andere Teile davon übergehen. So funktioniert das nicht.
So kommt man auch nicht Gott näher, so geht man in die Irre … 

… 

Denn hätte unser himmlischer Vater es für richtig erachtet, dass seine Töchter während ihrer Periode nicht zur Versammlung kommen, dann hätte er das so befohlen. Hätte unser himmlischer Vater es für richtig erachtet, dass seine Töchter während ihrer Periode nicht zu ihm beten, dann hätte er das genau so befohlen. Das hat er aber nicht.”

Nach diesem Auszug zurück zu unserer Frage von zuvor:
“Was ist, wenn man einfach im Nordreich bleibt und nicht zum Tempel geht? Oder wie heute, gar kein Tempel mehr da ist?”

Die Antwort ist dieselbe wie im Auszug auch:
Nichts passiert dann, weil auch damals nichts passiert ist, wenn man sich verunreinigt hat und im Nordreich geblieben ist. Es ist aber eben durchaus etwas passiert, wenn man in diesem Zustand der Unreinheit nach Jerusalem und dort explizit zum Heiligtum gegangen ist. Das war damals eine todeswürdige Sünde, das wäre heute noch so, wenn ein Heiligtum da wäre und es wird auch zukünftig so sein, wenn wieder ein Heiligtum da ist. Alles bleibt so, wie es unser Gott in seiner heiligen Torah sagt. Nichts wird hinzugefügt und nichts wird daraus weggenommen. Und zwar bis Himmel und Erde vergangen sind.

Abschließende Tipps, wie man Irrlehren zum Thema “Unreinheit” leicht erkennen kann:

  1. Wenn jemand mit einer Lehre zu dir kommt, die besagt, dass im unreinen Zustand etwas Bestimmtes zu tun man nicht darf oder es eben eine Sünde ist, dann soll er oder sie die Stelle zeigen, wo klar, deutlich und unmissverständlich in der Torah geschrieben steht, dass dieses “bestimmte Etwas” eine Sünde ist. Keine Ableitung, keine Vergeistlichung, sondern einfach klipp und klar das Gebot, wie es unser Gott befohlen hat.
  2. Achte darauf, ob dein Gegenüber etwas Physisches aus der Torah vergeistlicht (auch wenn er es richtig vergeistlicht, wie z.B. das Herzutreten zum Zelt Gottes ist wie das Herzutreten zu Gott im Gebet), aber dann dieses Geistliche Verständnis wieder mit physischen Dingen verbindet, indem er z.B. sagt, dass du dann beim Gebet ein physisches Gebot hinsichtlich des Heiligtums beachten musst (weil ja das Gebet mit dem Kommen zum Heiligtum gleichgesetzt wird). Würde er mit diesem Verständnis z.B. sagen, dass du beim Gebet ein Tier opfern musst, würde es dir sofort auffallen, dass da irgendetwas nicht stimmen kann. Sagt er aber, dass du beim Gebet physisch nicht unrein sein darfst, fällt es dir vielleicht nicht sofort auf. Daher achte auf solche Interpretationsfehler. Dein Gegenüber macht das nicht absichtlich, sondern es sind eher Leichtsinnsfehler, die sich einschleichen. Wir werden im letzten Block bei den beiden Priestertümern noch genauer auf diesen weit verbreiteten Leichtsinnsfehler eingehen.
  3. Achte darauf, dass du das Thema “Unreinheit” wegen all diesen Punkten nicht verharmlost. Es gibt nämlich, nebst den offensichtlichen Dingen, wie z.B., dass wir unreine Tiere nicht essen dürfen, durchaus auch andere Gebote, die mit der Unreinheit zu tun haben und auch ohne Heiligtum ihre Anwendung finden. Nur um ein Beispiel zu nennen: Während der Periode deiner Frau, zu ihr einzugehen, ist Sünde, sogar eine todeswürdige Sünde (3Mo 20,18).

Gleichzeitig ist es so, dass außerhalb ihrer Periode zu ihr einzugehen, logischerweise und selbstverständlich kein Problem ist, sondern ein fester Bestandteil des heiligen Bundes zwischen Mann und Frau. Es ist Gottes Geschenk an jede Ehe.

Warum erwähnen wir das hier nahezu zusammenhangslos? Ganz einfach, weil es Lehrmeinungen darüber gibt, dass der eheliche Geschlechtsverkehr ein “unreiner” Akt ist. Aber warum? Wie kommt man darauf? Na ja, weil tatsächlich Mann und Frau laut Torah in den Zustand der Unreinheit bis zum Abend kommen, wenn der Mann dabei einen Samenerguss hat:

3Mo 15,18 Und wenn ein Mann mit einer Frau schläft und einen Samenerguss hat, sollen sie sich mit Wasser waschen, und sie sind unrein bis zum Abend.

Das Beispiel ”ehelicher Geschlechtsverkehr” lässt sich sehr gut zur Veranschaulichung nutzen, dass der Zustand der Unreinheit erst einmal absolut nichts mit Sünde zu tun hat.

Sollte also die Gleichung “Unreinheit = Sünde” in unseren Köpfen kursieren, dann muss diese Gleichung gelöscht und gemäß der Torah – und nicht gemäß diverser Menschenlehren – neu geschrieben werden.

Was uns direkt zu den nächsten zwei “Gleichungen” bringt, die es zu prüfen gilt …