“Höre Israel!”
Vielleicht ist einigen bis vielen von euch das sog. “Schma Jisrael” bekannt. Es fängt mit diesen Worten an:
5Mo 6,4 Höre Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein!
Unter unseren jüdischen Geschwistern gibt es wohl kaum einen einzigen Gläubigen, der das “Schma Jisrael” nicht kennt. Die Frage, die interessant wäre, ist, kennt man auch die anderen drei “Schma Jisraels”? Denn es gibt nicht nur dieses eine, sondern insgesamt vier Stellen, bei denen Mose die zweite Generation – und somit eben auch uns, die damals nicht bei ihnen waren – zum “besonderen Hinhören” auffordert. Diese wollen wir uns jetzt der Reihe nach anschauen, denn alle vier zusammen ergeben eine fundamental wichtige Botschaft an alle Gläubigen und dürfen deshalb in keinem “Torah 1×1” fehlen.
Das erste “Schma” lesen wir bei dem Ereignis, welches wir uns vorher schon bildhaft vorgestellt hatten: Mose fängt an, diesseits …
5Mo 1,5 Diesseits des Jordan, im Land Moab, fing Mose an, dieses Gesetz auszulegen, indem er sprach: …
Dann legt Mose aber nicht sofort los, sondern im ersten bis dritten Kapitel fasst er noch einmal die Wüstenwanderung nach dem Aufbruch vom Berg zusammen:
5Mo 1,6-7 Der HERR, unser Gott, redete zu uns am Berg Horeb und sprach: Ihr seid lange genug an diesem Berg gewesen! Wendet euch nun und zieht weiter, …
Nachdem er dann von den katastrophalen Ereignissen berichtet hat, ist er quasi mit seiner “Einleitung” zum Bund fertig. Dann, direkt danach, sagt er Folgendes:
5Mo 4,1-2 Und nun, Israel, höre auf die Satzungen und auf die Rechte, die ich euch zu tun lehre, damit ihr lebt und hineinkommt und das Land in Besitz nehmt, das der HERR, der Gott eurer Väter, euch gibt. Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Wort, das ich euch gebiete, und sollt nichts davon wegnehmen, damit ihr die Gebote des HERRN, eures Gottes, haltet, die ich euch gebiete.
Lasst uns einmal kurz in diese Situation hineinversetzen, wo Mose diese Warnung ausspricht: Die Eltern, genauer die Väter, haben Gott durch ihr Verhalten erzürnt, sodass sie alle in der Wüste gestorben sind. Ihre Kinder, die nun erwachsen sind, stehen kurz vor dem Eintritt ins Land und kurz vor dem Eintritt in den Bund mit Gott. Damit sie aber nicht dieselben Fehler ihrer Vorväter wiederholen, führt Mose noch einmal die Ereignisse vor ihre Augen. Dann sagt er:
”Und nun, Israel, höre …
Ihr sollt nichts hinzutun zu dem Wort, das ich euch gebiete,
und sollt nichts davon wegnehmen …”
Nach dieser immens wichtigen Warnung fängt Mose direkt im nächsten Kapitel mit den Geboten an. Innerhalb der Gebote wird dann diese eine göttliche Warnung immer und immer wiederholt. Auf diese Weise wird ihnen gezeigt, wie extrem wichtig die Befolgung dieser einen ganz speziellen Warnung ist.
Damit man ein Gefühl dafür bekommt, wie wichtig das “Schma Jisrael” aus 5Mo 4,1-2 ist (also sein Gesetz zu bewachen und alles so zu lassen und zu befolgen, wie es geschrieben steht), haben wir für euch eine Zusammenstellung gemacht. Darin geht es ausschließlich nur um die Stellen, die Mose zu der zweiten Generation – und somit natürlich auch zu uns, die an dem Tag nicht da waren – gesprochen hat (dazu eine Anmerkung vorab: Jetzt folgt gleich eine Vielzahl von Stellen; bei diesen Stellen übersetzen die Bibeln das hebräische “schamar” mal mit “halten”, mal mit “bewahren”, mal mit “bewachen”, mal mit anderen Worten, wie “achtgeben” oder dergleichen; der Fokus der gleich folgenden göttlichen Aufforderungen ist aber immer derselbe: die ganze heilige Torah mit allen göttlichen Geboten, Satzungen, Rechtsbestimmungen und dergleichen zu bewachen und zu beschützen!):
5Mo 4,6 So bewahrt sie nun und tut sie;… alle diese Gebote …
5Mo 5,29 … alle meine Gebote zu bewahren …
5Mo 5,31 … das ganze Gebot und die Satzungen und Rechte …
5Mo 5,33 Auf dem ganzen Weg, denn der HERR, euer Gott, euch geboten hat, sollt ihr wandeln, …
5Mo 6,2 … um alle seine Satzungen und seine Gebote zu bewahren, die ich dir gebiete,
5Mo 6,17 Haltet genau die Gebote des HERRN, eures Gottes …
5Mo 6,24 Und der HERR hat uns geboten, alle diese Satzungen zu halten …
5Mo 6,25 … wir darauf achten, dieses ganze Gebot vor dem HERRN, unserem Gott, zu tun, so wie er uns geboten hat.
5Mo 7,11 So bewache nun das Gebot und die Satzungen und Rechtsbestimmungen …
5Mo 7,12 … wenn ihr auf diese Rechtsbestimmungen hört, sie bewahrt und tut …
5Mo 8,1 Das ganze Gebot, das ich dir heute gebiete, sollt ihr bewahren, um es zu tun …
5Mo 8,2 … um dich zu prüfen, damit offenbar würde, was in deinem Herzen ist, ob du seine Gebote bewachen würdest oder nicht.
5Mo 10,13 indem du die Gebote des HERRN und seine Satzungen bewahrst, die ich dir heute gebiete, zum Besten für dich selbst.
5Mo 11,1 So sollst du nun den HERRN, deinen Gott, lieben, und seine Ordnung, seine Satzungen, seine Rechtsbestimmungen und Gebote bewachen allezeit.
5Mo 11,8 Darum sollt ihr das ganze Gebot bewahren …
5Mo 11,22 Denn wenn ihr dieses ganze Gebot, das ich euch zu tun gebiete, bewachend beschützt, …
5Mo 11,32 So achtet nun darauf, dass ihr alle Satzungen und Rechtsbestimmungen tut, die ich euch heute vorlege!
Die Liste geht weiter und weiter, aber ihr habt sicherlich ein Gefühl dafür bekommen, wie wichtig es unserem Schöpfer zu sein scheint, dass sein Volk diese eine Botschaft hört. Als eine Art “Merkregel” zusammengefasst:
Höre Israel,
alle Gebote bewachen,
nichts hinzufügen, nichts wegnehmen!
…
Jetzt zu den anderen drei “Schmas”:
5Mo 5,1 Und Mose berief ganz Israel und sprach zu ihnen: Höre, Israel, die Satzungen und Rechtsbestimmungen, die ich heute vor euren Ohren rede; lernt und bewahrt sie, um sie zu tun!
Bei diesem “Schma Jisrael” geht es nicht nur um das Bewahren, sondern auch um das Lernen und Tun der Gebote. Beides gehört zusammen. Man könnte sagen, dass der Entschluss der Apostel beim Konzil in Apg 15 darauf beruht. Die Torah-Unwissenden sollen Sabbat für Sabbat dazulernen, um dann am Ende alle Gebote Gottes zu lernen und zu tun, denn …
Apg 15,21 Denn Mose hat von alten Zeiten her in jeder Stadt solche, die ihn verkündigen, da er in den Synagogen an jedem Sabbat vorgelesen wird.
Dasselbe gilt natürlich auch für uns, die wir die Torah von Neuem lernen sollen und – Gott gewirkt – auch von Herzen wollen.
…
Das dritte ist das allseits bekannte “Schma Jisrael”:
5Mo 6,4-7 Höre Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein! Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft. Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du auf dem Herzen tragen und du sollst sie deinen Kindern einschärfen …
Da das jeder kennt, gehen wir direkt zum vierten und letzten:
5Mo 9,1-6 Höre, Israel: Du gehst heute über den Jordan, um hineinzukommen, Nationen in Besitz zu nehmen … Nicht um deiner Gerechtigkeit und der Geradheit deines Herzens willen kommst du hinein, um ihr Land in Besitz zu nehmen; sondern um der Gottlosigkeit dieser Nationen willen vertreibt der HERR, dein Gott, sie vor dir, und damit er das Wort aufrechterhalte, das der HERR deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat.
Bei diesem “Schma” geht es darum, dass wir uns nicht erheben und denken sollen, dass wir irgendwie aus irgendeiner Form der Werksgerechtigkeit das Land der Verheißung in Besitz nehmen dürfen, sondern der Allmächtige ist es, der es bewirkt. Und das macht er vor allem deswegen, weil er ein treuer Gott ist, der sein Wort aufrechterhält, das er Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat.
Wenn man jetzt diese vier “Schma Jisraels” mit je einem Satz zusammenfasst, dann ergibt sich folgender Zusammenhang daraus:
- Höre Israel, bewache das Gesetz, füge nichts hinzu und nehme nichts weg.
- Höre Israel, lerne das Gesetz und tue es.
- Höre Israel, es gibt nur einen Gott, liebe ihn mit deinem ganzen Herzen.
- Höre Israel, nur durch Gottes Gnade erhältst du die Verheißung.
Diese vier Punkte sind absolut elementar wichtige Botschaften der gesamten Heiligen Schrift, denn …:
- Das erste “Höre Israel” ist so etwas wie eine grundsätzliche Bedingung. Denn wenn man anfangen sollte, das Gesetz irgendwie zu verändern, wird alles in sich zusammenstürzen. Das können die anderen “Schmas” dann auch nicht mehr retten (s. aktuellen Zustand der “Glaubenswelt”).
- Daher soll man nichts verändern, sondern es bewahren und, wie im zweiten “Höre Israel” geschrieben steht, es lernen und tun.
- Das dritte “Höre Israel” ist das Kernstück, das höchste aller Gebote und das wichtigste Lebensprinzip: Liebe Gott mit allem, was dich ausmacht! Und wie man das macht, hat wieder unmittelbar damit zu tun, dass wir seine Gebote unverändert so lassen, wie sie sind.
- Das vierte “Höre Israel” soll uns daran erinnern, dass selbst wenn wir alle diese Dinge tun, es am Ende nicht wir und unsere Werke sind, sondern es seine Gnade ist, die uns das gelobte Land (im geistlichen Sinnbild: die Ewigkeit mit unserem Gott) schenkt.
Dieses letzte “Schma” bringt uns direkt zu unserer nächsten wichtigen Grundlage der Torah …