Wächter des Wortes
5Mo 4,2-Tests – Teil 9:
Sabbat – “Du darfst nicht”–Gebote

Die fünf häufigsten Gründe der Überinterpretation

Zu Beginn kurz die Frage, warum wir das Wort “Überinterpretation” anstatt “falsche oder Fehlinterpretation” nutzen: Der Grund liegt darin, dass z.B. Lehren, wie die Dreieinigkeit oder Abschaffung des Gesetzes, falsche Interpretationen sind, aber bei dem, was wir z.B. eben für die “Ammoniter und Moabiter” gesehen haben, ist es viel eher eine Überinterpretation des Textes. Warum?

Weil ein bestehendes Gebot quasi “erweitert” wird. In diesem Fall von zwei ganz bestimmten Völkern auf “alles Mischvolk”. Den Grund, warum gerade diese zwei Völker von Gott genannt werden, kann man im Text sogar lesen, aber der Interpret übergeht meist völlig unbewusst diesen (oder eben einen anderen) Grund, nimmt dann vielleicht noch andere Aussagen aus der Torah hinzu, wo es um die Gefahr heidnischer Einflüsse geht und macht dann am Ende eben ein überinterpretiertes Gebot mit “allem Mischvolk” daraus.

Auch beim zuvor erwähnten “Händewaschen vor dem Essen” macht man dasselbe. Denn auch da hat man nicht einfach ein Gebot erfunden, sondern man hat Verse aus 3Mo 11 und anderen Stellen überinterpretiert und daraus ein Gebot gemacht, das eben nirgends geschrieben steht.

Das Entscheidende bei diesen und ähnlichen Vorgängen ist, dass für diejenigen, die den Text auf diese Weise interpretieren, alles schlüssig ist; und dass das “neue Gebot” (was eben in ihren Augen kein neues ist) an und für sich viel Gutes hat und sinnig ist. Die Tore zu schließen, macht Sinn. Die Hände vor dem Essen zu waschen, macht Sinn.

Aber wie wir zuvor gesehen haben, geht es nicht um die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Menschengebots, Vieles kann an und für sich Sinn ergeben. Die Frage ist: Steht das in der Torah?

Weil wenn es in der Torah steht und ich mache es nicht, dann sündige ich. Steht es aber nicht in der Torah und jemand anderes sagt bzw. lehrt es mich als ein Gebot, dann sündigt er.

Daher ist die Frage: “Versteht man den Text richtig oder überinterpretiert man ihn?” enorm wichtig.

Sollte eine Überinterpretation vorliegen, dann liegen auch meist einer oder gleich mehrere der folgenden Punkte vor:

  1. Der Wille, Gott wohlgefällig zu leben und nichts falsch zu machen!

Aus diesem vorbildhaften Willen entspringt ab und an ein Übereifer oder auch eine Form von Übervorsicht oder gar Angst. Eine Angst, wie wir sie soeben bei Nehemia gelesen haben.

Heute ist das nicht anders, denn logischerweise werden auch heute noch Gebote aus denselben Gründen überinterpretiert. Dabei schießt man dann – ähnlich wie unsere jüdischen Geschwister auch – über das Ziel hinaus. Bei ihnen wird z.B. aus: “Böckchen nicht in der Milch der Mutter kochen” quasi ein zwei Küchen-Haushalt gemacht, der Fleisch- und Milchprodukte voneinander trennt, bei uns sind es dann andere Dinge, die überinterpretiert werden. Das Muster ist aber sehr ähnlich oder sogar identisch. Erst recht, wenn eben Angst der Ratgeber ist. Aber …

1Joh 4,18 In der Liebe gibt es keine Angst, denn Gottes vollkommene Liebe vertreibt jede Angst. Wer noch Angst hat, rechnet mit Strafe und das zeigt, dass bei ihm die Liebe ihr Ziel noch nicht erreicht hat.

  1. Das überinterpretierte Menschengebot macht Sinn!

Wie zuvor gesehen, geht es nicht um die Frage der “Sinnhaftigkeit”. Das sich Absondern von heidnischen Völkern mit ihren Gebräuchen und Traditionen, die nicht an unseren Gott glauben, macht Sinn. Auch macht das Händewaschen vor dem Essen Sinn. Die Sinnhaftigkeit ist aber wie gesagt nicht das Problem. Das Problem ist, dass diese gut gemeinten Menschengebote am Ende meist oder fast immer zu zwei ganz bestimmten Sachen führen:

Mk 7,8 Denn ihr verlasst das Gebot Gottes und haltet die Überlieferung der Menschen ein …

Mt 23,4 Sie binden nämlich schwere und kaum erträgliche Bürden und legen sie den Menschen auf die Schultern …

Zu diesem letzten Punkt werden wir nachher noch einmal etwas genauer eingehen.

  1. Falsche Vergeistlichung!

In dieser Art der Überinterpretation geht es darum, dass wir …

Röm 7,14 … wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist …

… das heißt, dass viele der physischen Dinge in der Torah uns einen Aufschluss über das Geistliche geben. So können wir über das Irdische Rückschlüsse auf das Himmlische ziehen. 

Diese biblische Tatsache (also dass das Gesetz geistlich ist) führt nun oft zu Überinterpretationen, die der Torah Gebote wegnehmen oder ihr neue hinzufügen. Wann und wie das passiert, hatten wir uns ganz kurz im dritten Teil angesehen. Hier werden wir uns später noch ganz konkrete Beispiele bzgl. des Sabbats dazu anschauen und die Lehren dazu prüfen.

  1. Ein Umstand wird zu einem Gebot!

Bei dieser Form der Überinterpretation geht es vor allem darum, dass irgendwelche Situationen aus der Heiligen Schrift zu einem Gebot interpretiert werden, obwohl es bei den jeweiligen Stellen gar nicht um ein Gebot geht. Das passiert vor allem dann, wenn man bereits felsenfest davon ausgeht, dass das eine oder andere ein Gebot Gottes ist und dann dazu nach Bestätigungen in der Bibel sucht. Wenn es dann aber kein konkretes Gebot dazu gibt, nimmt man dann eine Situation, eine Beschreibung, einen geschilderten Umstand oder dergleichen als “Beleg”, um auf diese Weise eine Bestätigung der eigenen Ansicht zu finden. Auch diesen Punkt hatten wir kurz im dritten Teil mit der Überschrift: “Wenn aus Geschichten Gebote werden!” behandelt. Allseits bekannte Beispiele zu dieser Art der Überinterpretation wären: “Mann Bart, Frau Kopfbedeckung”, was beides erneut total Sinn macht, aber eben nirgends als Gebote geschrieben stehen, was wiederum heißt, dass man nicht sündigt, wenn man es nicht tut.

Auch hier gilt erneut: Die Absicht bei dieser Vorgehensweise ist natürlich nicht, das Wort bewusst zu verdrehen oder es mutwillig falsch auszulegen. Auf keinen Fall. Eher ist es so, dass der 1. und 2. Punkt zutreffen: Man will Gott in allem gehorsam sein und denkt, dass ein aus einem Umstand gezogenes Gebot durchaus Sinn ergibt (dass aber dann nach derselben Logik und Interpretationsweise ein Mann, wie er einen Bart trägt, z.B. auch Sandalen, ein Gewand, einen Stab tragen müsste, weil es eben der Text an so vielen Stellen so sagt, wird dann dabei völlig übersehen).

  1. Gebote stehen überall!

Hierzu erst einmal ein Vers vorab:

Spr 24,13 Iss Honig, mein Sohn, denn er ist gut, und Honigseim ist deinem Gaumen süß.

Frage: Sündigt man, wenn man keinen Honig isst? Weil es steht ja geschrieben, dass man Honig essen soll. Wie oft soll man eigentlich Honig essen? Täglich? Einmal in der Woche? Gilt das nur Männern, weil da steht ja mein Sohn? Und welchen Honig überhaupt, denn es gibt ja zig Sorten?

Oder noch ein Vers. Unser Herr Jeschua spricht:

Mk 11,2 Geht hin in das Dorf euch gegenüber, … 

Muss ich jetzt in das Dorf gegenüber gehen? Was ist, wenn keines da ist?

Jedem dürfte bei diesen kleinen Beispielen klar sein, dass es hier nicht um Gebote geht. Aber bei anderen Stellen wiederum ist es vielen leider nicht so klar. 

Was aber klar ist und jedem Torah haltenden Nachfolger Jeschuas auch klar sein sollte:

Es gibt keine neuen Gebote außerhalb der Torah (!), sondern nur Bestätigungen der bereits bestehenden Gebote. Selbst das berühmte “neue Gebot der Liebe” ist natürlich kein neues Gebot, sondern durch unser Vorbild Jeschua wissen wir nun, wie das längst in der Torah gegebene “Gebot der Nächstenliebe” in Vollkommenheit gehalten werden soll. Das ist das “neue” daran.

Diese enorm wichtige Tatsache noch einmal anders ausgedrückt:
Es ist im Grunde wie mit den zwei größten Geboten: Alle anderen Gebote der Torah sind wie eine Art Auslegung dieser zwei Großen. Und genau so ist auch alles andere außerhalb der Torah eine Auslegung der Gebote der Torah.

Es gibt keine neuen Gebote!blank
Alle Gebote unseres Gottes finden wir in seiner Torah!

Der Allmächtige hat – wie wir es im zweiten Teil dieser Serie (also im ersten Teil des “Torah 1×1”) sehen konnten – die Eidverpflichtungen seines ewigen Bundes (sprich die Ge- und Verbote des “Vertrages zwischen ihm und seinem Volk”) ein für allemal niederschreiben lassen:

5Mo 29,13-14 Denn ich schließe diesen Bund und diese Eidverpflichtung nicht mit euch allein, sondern sowohl mit dem, der heute hier mit uns steht vor dem HERRN, unserem Gott, als auch mit dem, der heute nicht hier bei uns ist.

5Mo 30,1-6 Und es wird geschehen, wenn alle diese Worte über dich kommen, der Segen und der Fluch, die ich dir vorgelegt habe, und du es zu Herzen nimmst unter all den Nationen, wohin der HERR, dein Gott, dich vertrieben hat, und umkehrst zu dem HERRN, deinem Gott, und seiner Stimme gehorchst nach allem, was ich dir heute (!!!) gebiete, du und deine Kinder, mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele – so wird der HERR, dein Gott, deine Gefangenschaft wenden und sich deiner erbarmen; und er wird dich wieder sammeln aus allen Völkern, wohin der HERR, dein Gott, dich zerstreut hat. Wenn deine Vertriebenen am Ende des Himmels wären, so wird der HERR, dein Gott, dich von dort sammeln und dich von dort holen; und der HERR, dein Gott, wird dich in das Land bringen, das deine Väter besessen haben, und du wirst es besitzen; und er wird dir Gutes tun und dich mehren über deine Väter hinaus. Und der HERR, dein Gott, wird dein Herz und das Herz deiner Nachkommen beschneiden, damit du den HERRN, deinen Gott, liebst mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele, damit du am Leben bleibst.

5Mo 31,24-26 Und es geschah, als Mose vollendet hatte, die Worte dieses Gesetzes in ein Buch zu schreiben bis zu ihrem Schluss, da gebot Mose den Leviten, die die Lade des Bundes des HERRN trugen, und sprach: Nehmt dieses Buch des Gesetzes und legt es zur Seite der Lade des Bundes des HERRN, eures Gottes, dass es dort zum Zeugen gegen dich sei.

Es gibt nur diesen einen Bund mit den dazugehörenden Geboten. Es wird kein neues Gebot hinzugefügt und es wird auch keins daraus abgeschafft. Und zwar bis Himmel und Erde vergangen sind.

Diese letzten Worte nehmen Bezug auf die Warnung in der Bergpredigt (Mt 5,18-19) und sie stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem, was ihm ganz besonders ein Dorn im Auge war. Und was das war und immer noch ist, das schauen wir uns jetzt an …