Die Prüf-Waage in der Praxis
Bevor wir loslegen, möchten wir einen besonders wichtigen Punkt unterstreichen:
Wenn man Verse auf die Waage packt,
sind das keine Verse, die sich widersprechen!
Es kann zwar auf den ersten Blick so aussehen, aber beim genaueren Hinsehen werden sich diese vermeintlichen Widersprüche auflösen! Oder anders ausgedrückt: Die Waage wird nicht für Widersprüche sorgen, sondern im Gegenteil, sie wird uns dabei helfen, dass sich Widersprüche auflösen. Denn eines ist gewiss: Es gibt keine Widersprüche, sondern nur Missverständnisse.
Das klargestellt, wollen wir euch nun anhand von einem Beispiel zeigen, wie man Schritt für Schritt die “Wiederum steht geschrieben”-Waage praktisch beim Lesen und Verstehen der Heiligen Schrift anwendet. Für dieses Beispiel haben wir uns nicht einfach nur irgendein Beispiel ausgesucht, sondern uns bewusst für eines der wohl am meist debattierten Themen entschieden. Obwohl wir dieses Thema hier unmöglich in der Kürze klären können, bietet es sich dennoch perfekt dafür an, euch anhand dieses Beispiels den richtigen Umgang mit der Vers-Waage zu zeigen. So könnt ihr dann diese hilfreiche Prüf-Methode auf alle möglichen Themen anwenden. Das heißt, dass sie universell für alle Fragen einsetzbar ist.
Okay, dann lasst uns das Ganze mal mit einer Frage einleiten. Nehmen wir an, jemand möchte Folgendes biblisch klären:
Ist das Gesetz Gottes durch Jesus aufgelöst worden?
Wie bei unserem Eingangsbeispiel auch, muss man jetzt die passenden Verse zu der Frage finden. Idealerweise welche, die sie ganz konkret beantworten. Bei unserem Eingangsbeispiel hatten wir ja zwei Verse gefunden, die genau den Wortlaut der vorhin gestellten Frage nutzten und uns so eine glasklare Antwort gegeben hatten: Nein, die Gebote Gottes aus dem Gesetz sind nicht zu schwer für uns!
5Mo 30,11 … Dieses Gesetz, das ich euch heute gebe, ist nicht zu schwer für euch.
So eine klare Aussage brauchen wir jetzt auch für unser Beispiel: “Ist das Gesetz Gottes durch Jesus aufgelöst worden?”. Am besten eben eine Aussage, die ganz genau diese Worte nutzt und so frei von unserer Meinung oder Interpretation die Frage beantwortet.
Geht man nun auf die Suche, gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Entweder man kennt Stellen dazu oder nicht. Nehmen wir an, dass man keine Stellen dazu kennt. Dann heißt es, entweder eine Bibelsuchmaschine nutzen oder beim Bibellesen die Augen offen halten. Oder beides. Findet man dann einen Vers, der zum Thema passt, dann packt man diesen auf seine Waage. Die Waage könnte zum Beispiel eine Tabelle mit zwei Spalten sein. Stolpert man dann zum Beispiel bei seiner Suche über diesen Vers hier, dann trägt man ihn auf eine der beiden Seiten ein:
Röm 10,4 Denn Christus ist das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.
Dann sagen wir mal, dass man noch diesen Vers hier findet:
Gal 3,13 Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes…
Auch diesen trägt man dann auf dieselbe Seite bei Röm 10,4 ein. So macht man immer weiter und sammelt einen Vers nach dem anderen. Sagen wir mal, dass man dann irgendwann über diese beiden Stellen hier stolpert:
Mt 5,17-18 Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen! Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergangen sind, wird nicht ein Buchstabe noch ein einziges Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist.
Röm 3,31 Lösen wir nun das Gesetz auf durch den Glauben? Natürlich nicht! Vielmehr bestätigen wir das Gesetz.
Hmmm, diese Verse scheinen nun das Gegenteil zu sagen. Das heißt, wir packen sie auf die andere Seite der Waage. Nachdem wir das getan haben, tun wir das nächste Wichtige bei der von unserem Herrn gezeigten “Wiederum steht geschrieben”-Methode: Wir gewichten die Verse.
Und wie macht man das?
Indem man zuerst einmal nüchtern, sachlich und völlig neutral bleibt. Das heißt, wir dürfen bei der Gewichtung nicht (!) unsere Vorlieben mit in die Waagschale werfen. Wir müssen völlig neutral bleiben. In der Bildersprache der Waage würde das bedeuten: Unsere Waage muss anfangs perfekt in der Mitte austariert sein. Haben wir uns geprüft und können sagen, dass wir selbst innerlich genauso “austariert” sind, dann können wir loslegen. Denn dann kann die göttliche Wahrheit die Waage unverfälscht ausschlagen lassen. Das heißt, egal wie unangenehm die Wahrheit vielleicht für den einen oder anderen Fall auch sein mag, das Gewicht der göttlichen Wahrheit wird auf der einen Seite immer schwerer und schwerer werden.
Sind wir aber nicht innerlich austariert, müssen wir ehrlich zu uns selbst sein und uns klarmachen, dass wir die Verse nicht neutral und gerecht gewichten werden können. Dennoch sollte man hier nicht aufhören. Aber sich eben dessen bewusst sein, dass man nicht ganz fair “wiegen” wird. Das ist dann schon mal viel, viel besser, als aufzuhören und sich zu sagen, dass die eigene Meinung eh die richtige ist.
Fängt man jetzt also in unserem Beispiel an, sich die Verse genauer anzusehen und zu gewichten, wird man dabei schnell feststellen, dass zum Beispiel bei Gal 3,13 das Wort “aufgelöst bzw. abgeschafft” nicht vorkommt. Wohingegen bei der Matthäus-Stelle schon. Der Herr betont dort ausdrücklich, dass wir nicht meinen sollen, dass er gekommen sei, um das Gesetz aufzulösen. Das ist eine sehr klare Aussage. Genauer gesagt eine sehr klare Warnung. Das heißt, dass wir diesem Vers, ob wir es wollen oder nicht, eine große Gewichtung geben müssen, weil er …
- … aus dem Munde Jesu stammt.
- … die Wörter benutzt, nach denen wir suchen.
- … unsere Frage ganz direkt beantwortet.
- … uns vor etwas ganz Bestimmten warnt:
”Wir nicht meinen sollen, dass er gekommen sei, um das Gesetz aufzulösen”!
Beim zweiten Vers, also bei Röm 3,31, lesen wir dann die Bestätigung dieser Warnung. Das Schöne dabei ist, dass Röm 3,31 unsere Frage wiederholt. Es ist fast so, als würde man sich sagen: “Man, wäre das schön, wenn die Bibel mir einfach die Frage: ‘Lösen wir nun das Gesetz auf durch den Glauben?’ beantworten würde.”
Und siehe da, wir lesen tatsächlich die Frage als auch die Antwort darauf:
”Lösen wir nun das Gesetz auf durch den Glauben? Natürlich nicht!”
Dadurch, dass diese beiden Verse eine kinderleicht zu verstehende Sprache sprechen und ganz genau auf unsere Frage eingehen, müssen wir sie entsprechend hoch gewichten. Sie sind aus den genannten Gründen regelrechte Zementsteine auf unserer Waage. Oder um das Bild aus der Einleitung zu nehmen: Es sind Ecksteine auf einem Fundament, das aus Felsen ist: “Darauf lässt es sich aufbauen.”
Jetzt mag jemand völlig zurecht fragen: “Ja, aber was ist denn jetzt mit Röm 10,4? Da steht doch eindeutig, dass Christus das Ende des Gesetzes ist.”
Das ist natürlich ein berechtigter Einwand und ein extrem wichtiger Schritt bei der Waage. Man muss jeden Vers auf der Gegen-Waagschale durchgehen und ihn prüfen. Denn wir wissen ja: Sie können sich nicht widersprechen!
Das wiederum heißt ganz automatisch: Wir verstehen die eine oder die andere Seite noch falsch. Da wir jetzt aber durch Mt 5,17-18 und Röm 3,31 auf der einen Seite zwei Zementsteine haben, die unsere Frage ganz konkret beantwortet haben, ist es total logisch und weise, mit dem genaueren Prüfen von Röm 10,4 und Gal 3,13 anzufangen.
Tut man das, wird man relativ schnell sehen, dass sich die Missverständnisse auflösen. Denn bei Gal 3,13 steht nicht, dass Christus das Gesetz aufgelöst hat, auch nicht, dass er uns vom Gesetz losgekauft hat, sondern dort steht, dass er uns vom Fluch des Gesetzes losgekauft hat. Der Fluch des Gesetzes ist der Tod und davon hat er uns befreit und nicht vom Gesetz Gottes, das – laut den Worten Jesu in Mt 5,17-18 – eben solange besteht, wie Himmel und Erde bestehen.
Bei Röm 10,4 ist die Lösung für den vermeintlichen Widerspruch das richtige Verständnis des Wortes “Ende”. Denn, so ähnlich wie das Ende eines Buches nicht das Buch auflöst, so löst auch Christus das Gesetz nicht auf. Ein Ende vervollständigt ein Buch, so wie Christus das Gesetz vervollständigt. Man könnte sagen, dass das Ende das eigentliche Ziel eines Buches ist. Und genauso ist es auch hier mit Christus und dem Gesetz. Er ist das Ziel des Gesetzes. Was übrigens auch die genauere Übersetzung der Stelle ist. Andere Bibeln übersetzen den Vers zum Beispiel wie folgt:
Röm 10,4 Denn mit Christus hat der Weg des Gesetzes sein Ziel erreicht. …
Mit diesem neuen Blickwinkel auf das Wort “Ende”, bzw. eben “Ziel”, kann man auch sagen, dass Christus das Gesetz zur Fülle bringt, also es erfüllt. Daher sagt er ja auch, dass wir nicht meinen sollen, dass er gekommen sei, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen. Er ist nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen!
Das Schöne ist jetzt, dass die kristallklare Aussage unseres Herrn durch Röm 10,4 nicht abgeschwächt wird, sondern im Gegenteil: Der vermeintliche Widerspruch ist auf einmal eine weitere Bestätigung der Worte Jesu. Das heißt, wir müssen diesen Vers auf unserem Zettel durchstreichen und auf die andere Seite schreiben, oder um im Bild unserer Waage zu bleiben: Das Röm 10,4-Gewicht muss von der einen Waagschale auf die andere wandern, wo bereits die beiden anderen Zement-Ecksteine sind. So leert sich die eine Seite und die andere wird nur noch mehr nach unten gedrückt.
Nun kann es aber sein (und das ist sicherlich nicht weit hergeholt), dass man nicht auf die Idee kommt, das Wort “Ziel” nachzuschlagen. Oder jemand schlägt es nach, aber für ihn bedeutet das dann nicht automatisch, dass der Vers auf die andere Seite wandert. Vielleicht wird das Gewicht des Verses “leichter”, aber noch ist es keine Bestätigung für die Gültigkeit des Gesetzes.
Wie es am Ende auch immer sein mag, allein zu sehen, dass es solche und solche Verse zu ein und demselben Thema gibt, zeigt schon etwas ganz, ganz Wichtiges auf:
“Ich kann nicht einfach so bei meiner Meinung bleiben, denn es gibt Verse, die augenscheinlich das Gegenteil sagen. Ich muss mich mit ihnen beschäftigen.”
Wir werden später noch ein wenig genauer auf diesen Punkt eingehen.
Hier machen wir erst einmal Stopp mit dem Thema: “Gesetz aufgelöst oder nicht?”. Wer noch mehr darüber wissen will, für den haben wir am Ende einige Links, wo man zahlreiche Verse für sich selbst prüfen kann.
Wir machen jetzt erst einmal mit einer Art Zusammenfassung weiter.