Das Dilemma der Selbstprüfung
Dieser letzte Block hat uns zu schaffen gemacht, und das obwohl wir dieses Thema bereits schon auf so viele Arten und Weisen behandelt haben. Aber dieses Mal ist es irgendwie anders, weil der Fokus ein anderer ist.
Zum Beispiel haben wir in der Serie “Unsere Fragen an euch – Glauben geprüft?” die Echtheit unseres Glaubens mit einer Selbstprüfung verknüpft. In der “Glauben wie ein Kind”-Serie, beim Dreiteiler “Unser Herz, die Liebe”, war es die Nachfolge Jesu und wie ernsthaft wir diese Nachfolge leben. In unserer “Wächter des Wortes – Wie prüft man Biblisches”-Reihe waren es allgemeinere Selbstprüfungen.
Hier wollen wir uns aber nur eine einzige Sache ansehen, nämlich das allumfassende Problem, das allen Selbstprüfungen zugrunde liegt.
Ehe wir dazu kommen, wollen wir uns vorab – quasi als Erinnerung und Einleitung – kurz die vier Schlüssel aus dem ersten Teil ansehen und sie als “Selbstprüfungsfragen” umformulieren:
- Könnte ich mit meiner Ansicht falsch liegen?
- Ist mir bewusst, dass Gott mich prüfen könnte? Auch durch seine Heilige Schrift?!
- Fürchte ich Gott und zittere wirklich vor seinem Wort?
- Bewache ich wie Jeschua die Torah und folge seinem Vorbild?
Kaum jemand würde diese Fragen mit einem “Nein” beantworten. Auch würde kaum jemand zu den Punkten aus den Blöcken zuvor sagen, dass er verwirrt oder stolz sei und er deswegen der Torah hinzufügt oder aus ihr wegnimmt. Niemand würde so etwas über sich selbst sagen.
Daher die Frage: Wenn all das scheinbar eh nicht passiert, wozu dann überhaupt noch eine Selbstprüfung?
Diese Frage ist genau das in der Überschrift erwähnte Dilemma. Denn in der Tat ist die Sinnhaftigkeit einer Selbstprüfung relativ sinnlos, wenn bei dieser Prüfung eh kaum ein verwertbares Ergebnis rauskommt.
Aber wieso ist das eigentlich so?
Das liegt vor allem an zwei menschlichen Schwächen, auf die wir uns jetzt in diesem letzten Block konzentrieren wollen. Diese beiden Schwächen werden perfekt durch diese beiden Stellen hier beschrieben:
- Spr 21,2 Jeder Weg eines Menschen ist recht in seinen Augen …
- Jer 17,9 Überaus trügerisch ist das Herz und bösartig; wer kann es ergründen?
Das heißt also: Wenn jeder denkt, dass er mit seiner Ansicht im Recht ist und bei einer Prüfung sein Herz ihn betrügen kann und er dann diesen Selbstbetrug gar nicht ergründen kann, dann könnte man auch sagen, dass der 1. Schlüssel:
Bedenke:
Man könnte mit seiner Ansicht falsch liegen!
… relativ wenig nützt.
Außer:
Man beachtet mit ihm zusammen den 2. Schlüssel:
Vergiss nicht:
Gott prüft uns! Auch durch seine Heilige Schrift.
Warum uns die Kombination aus den beiden Schlüsseln helfen kann, lässt sich am besten mit diesem Wort hier beschreiben: Fangfrage.
Warum?
Weil es bei Fangfragen darum geht, dass die Antworten auf den ersten Blick total logisch und einfach erscheinen. Wenn man aber weiß, dass es sich um eine Fangfrage handelt, dann tendiert man dazu, seine vorschnelle Antwort zurückzuhalten und noch einmal intensiver darüber nachzudenken. Warum? Na eben weil man weiß, dass man durch diese Fangfrage auf eine besondere Art geprüft wird.
Ganz genauso ist es bei unseren Selbstprüfungsfragen. Auch hier sollten wir nicht vorschnell mit: “Ich bin nicht verwirrt.” oder “Ich bin nicht uneinsichtig.” antworten, sondern wir sollten noch einmal intensiver darüber nachdenken, ob unsere erste, aus dem Impuls kommende Antwort wirklich die richtige ist. Warum? Weil wir wissen, dass wir – wie bei einer Fangfrage auch – geprüft werden. Nämlich durch unseren Gott, der …
- a) unseren Weg, der recht ist in unseren Augen und
b) unser trügerisches Herz prüft.
Und diese göttliche Prüfung ist auch genau das, was wir erkennen können, wenn wir bei den beiden Versen weiterlesen:
Spr 21,2 Jeder Weg eines Menschen ist recht in seinen Augen, aber der HERR prüft die Herzen.
Jer 17,9-10 Überaus trügerisch ist das Herz und bösartig; wer kann es ergründen? Ich, der HERR, erforsche das Herz und prüfe die Nieren, um jedem Einzelnen zu vergelten entsprechend seinen Wegen, entsprechend der Frucht seiner Taten.
Wir können also erkennen, wie hier der 1. und 2. Schlüssel miteinander zusammenhängen. Aber es geht noch weiter, denn der Zusatz: “um jedem Einzelnen zu vergelten entsprechend seinen Wegen, entsprechend der Frucht seiner Taten” führt uns direkt zum 3. Schlüssel.
Wie?
Zum Beispiel so: Es könnte ja sein, dass wir uns den 1. Schlüssel mit einem: “Ja, ich könnte falsch liegen.” beantworten. Daraufhin könnte es passieren, dass Gott uns auf die Aufrichtigkeit unserer Antwort hin prüft und schaut, ob wir es wirklich für möglich halten, falsch zu liegen. Wenn wir dann wiederholte Male stolz oder eben uneinsichtig reagieren, könnte es sein, dass jedem Einzelnen von uns entsprechend unserer Wege, entsprechend der Frucht unserer Taten vergolten wird. Was im schlimmsten Fall dazu führen kann, dass wir einen blinden Fleck bekommen und gar nicht mehr erkennen können, wie falsch wir liegen bzw. eben wie wir der Torah hinzufügen oder von ihr wegnehmen.
Und wie können wir uns davor schützen? Eben durch den 3. Schlüssel:
Erinnere dich:
Gott fürchten, vor seinem Wort zittern
und es nicht wagen, seine Torah zu verändern!
Auch dieser Schlüssel bringt natürlich nur dann etwas, wenn man ihn aufrichtig umsetzt. Das heißt, wenn man sich selbst dahingehend prüft, ob man wirklich aufrichtig vor unserem Gott und vor der Veränderung seiner Torah zittert oder leichtfertig mit göttlichen Geboten umgeht. Zittert man wirklich vor einer Veränderung, dann wird man sich auch ganz automatisch hundertmal überlegen, ob die eigene Ansicht wirklich richtig ist oder ob man nicht besser offen für die Möglichkeit sein sollte, dass man den einen oder anderen Punkt vielleicht noch falsch sieht. Wenn man das alles “stets vor Augen hat”, dann wird es einem auch helfen.
Und dieses “Stets vor Augen haben” bringt uns dann auch ganz automatisch zum 4. Schlüssel:
Habe stets vor Augen:
Wie Jeschua die Torah bewachen
und seinem Vorbild folgen!
…
Damit man versteht, wie man diese vier Schlüssel und die damit verbundenen “Selbstprüfungsfragen” praktisch anwenden kann, möchten wir als Beispiel kurz eine Lehre zur Veranschaulichung testen. Sie lautet:
“Man muss jetzt keine Quasten mehr als Erinnerung ans Gesetz tragen, weil das Gesetz in unser Herz geschrieben wurde.”
Wir stellen uns jetzt vor, dass jemand dieser Lehre Glauben geschenkt hat. Frage ist nun, hält diese Person es anhand des 1. Schlüssels für möglich, falsch zu liegen?
Falls ja, wird diese Person sich vielleicht weiterführende Gedanken machen und sich dann gemäß dem 2. Schlüssel auch fragen: “Kann es sein, dass Gott meinen Gehorsam prüft, ob ich diese Quasten wirklich tragen will oder nicht? Ist es mir vielleicht unangenehm, mit ihnen gesehen zu werden? Oder habe ich Angst, für einen Juden gehalten zu werden? Kann es sein, dass mein Gott sehen will, ob ich trotz dieser Dinge ihm dennoch gehorsam sein will?”.
Ist diese Person so weit in ihrer Selbstprüfung fortgeschritten, wird sie vielleicht auch den 3. Schlüssel anwenden und sich die Frage stellen: “Wenn die Lehre sagt, man muss sie nicht mehr tragen, in der Torah steht aber, dass wir sie tragen sollen, sollte ich da deswegen nicht lieber extrem vorsichtig sein und vor der Veränderung von Gottes Torah Ehrfurcht haben?”
Falls die Person sich mit diesen Fragen beschäftigt, dann wird sie vielleicht abschließend auch noch den vierten Schlüssel anwenden, auf sein Vorbild Jeschua blicken und sich dann eingestehen: Auch er trug Quasten.
…
Das wäre ein kleines Beispiel dafür, wie man die vier Schlüssel als Selbstprüfungsfragen anwenden könnte.
Aber so viel sei gesagt: Was so “locker flockig” und super einfach erscheint, ist natürlich nicht immer so. Der Grund dafür sind eben die zuvor genannten zwei menschlichen Schwächen:
- Spr 21,2 Jeder Weg eines Menschen ist recht in seinen Augen …
- Jer 17,9 Überaus trügerisch ist das Herz und bösartig; wer kann es ergründen?
Da diese traurige Tatsache so immens wichtig für uns alle und für alle unsere zukünftigen 5Mo 4,2-Tests ist, wollen wir ihn als 5. und letzten Schlüssel festhalten. Er lautet:
Bedenke nach Selbstprüfung gemäß der 4 Schlüssel: Das Ergebnis meiner Selbstprüfung könnte trügerisch sein!
…
Damit sind wir kurz vor dem Ende dieses Teils angekommen. Abrundend möchten wir für euch die fünf Schlüssel als eine Art “Selbstprüfungs-Spickzettel” mitgeben und mit je einem “Merkvers” verknüpfen:
- Bedenke: Man könnte mit seiner Ansicht falsch liegen!
Spr 21,2 Jeder Weg eines Menschen ist recht in seinen Augen …
- Vergiss nicht: Gott prüft uns! Auch durch seine Heilige Schrift.
Hebr 4,12 Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam. Es ist schärfer als das schärfste Schwert und durchdringt unsere innersten Gedanken und Wünsche. Es deckt auf, wer wir wirklich sind, und macht unser Herz offenbar.
- Erinnere dich: Gott fürchten, vor seinem Wort zittern und es nicht wagen, seine Torah zu verändern!
5Mo 4,2 Ihr sollt nichts hinzufügen zu dem Wort, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts davon wegnehmen, damit ihr die Gebote des HERRN, eures Gottes, haltet, die ich euch gebiete.
- Habe stets vor Augen: Wie Jeschua die Torah bewachen und seinem Vorbild folgen!
1Joh 2,6 Wer sagt, dass er in ihm bleibt, der ist verpflichtet, auch selbst so zu wandeln, wie jener gewandelt ist.
- Bedenke nach Selbstprüfung: Das Ergebnis der Selbstprüfung könnte trügerisch sein!
Jer 17,9-10 Überaus trügerisch ist das Herz und bösartig; wer kann es ergründen? Ich, der HERR, erforsche das Herz und prüfe die Nieren, um jedem Einzelnen zu vergelten entsprechend seinen Wegen, entsprechend der Frucht seiner Taten.
…
Damit sind wir am Ende angelangt. Im nächsten Teil werden wir anfangen, bekannte Lehren anhand all der Punkte der ersten vier Teile zu prüfen.
Bis dahin, euch allen
Gottes Gnade, Wahrheit und Liebe
V1.0