Allgemeingültige Aussage oder Tatsachenbericht?
1Sam 19,10-11 Und Saul versuchte, David mit dem Speer an die Wand zu spießen, er aber wich Saul aus, und er stieß den Speer in die Wand. Und David floh und entkam in jener Nacht. Da sandte Saul Boten in das Haus Davids, ihn zu bewachen und ihn am Morgen zu töten. Aber Michal, seine Frau, teilte es David mit und sprach: Wenn du nicht diese Nacht deine Seele rettest, so wirst du morgen getötet werden.
Vor allem letzter Vers scheint eindeutig aufzuzeigen, dass der neue Tag irgendwann zwischen der Nacht und dem Morgen beginnt. Unabhängig davon, dass das hebräische Wort für “morgen” in einigen Bibeln auch mit “künftig” übersetzt wird, scheint das der erste richtige Hinweis zu sein, den wir für die Bestimmung des Tagesbeginns nutzen können – in dem Fall für den Tagesbeginn am Morgen.
Wichtig bei dieser und ähnlichen Stellen ist, dass es ein sehr, sehr wichtiges Detail gibt, welches man unbedingt beim Studium der Heiligen Schrift beachten muss. Denn man muss klar unterscheiden, ob eine allgemeingültige Aussage geschrieben steht oder, wie in diesem Fall, ein Tatsachenbericht erfolgt. In anderen Worten: Hier bei dieser Stelle geht es nicht um eine göttliche Defintion des Tages, sondern lediglich um einen Bericht darüber, was jemand mal gesagt hat (“Aber Michal, seine Frau, teilte es David mit und sprach: …”).
Hier wieder ein kleines Beispiel dazu, damit man besser versteht, was gemeint ist:
2Mo 32,4 Und er nahm es aus ihrer Hand entgegen und bildete es mit dem Meißel und machte ein gegossenes Kalb. Da sprachen sie: Das sind eure Götter, Israel, die dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt haben!
Auch hier (wie bei der Stelle von Davids Frau) lesen wir davon, dass etwas gesagt wird. Nur ist hier jedem von uns sofort und unmissverständlich klar, dass das Gesagte natürlich keine allgemeingültige Aussage ist: Selbstverständlich waren das nicht die Götter, die Israel befreit hatten. Dennoch ist es wahr, dass das damals ganz genau so gesagt wurde. In anderen Worten: Wir lesen hier keine allgemeingültige Aussage, sondern einen Tatsachenbericht. Dieser Tatsachenbericht sagt uns aber gar nichts über den Wahrheitsgehalt der Aussage an sich.
Nun ist es so, dass wir das wie gesagt bei dieser Stelle hier sofort erkennen können (weil es eben so offensichtlich ist). Aber wie sieht es bei anderen, nicht ganz so klaren Stellen aus? Wie sieht es bei Davids Frau aus?
…
Bei der Antwort hilft uns ein weiteres Beispiel weiter, da es sehr gut zu unserer Betrachtung des Tagesbeginns passt. Es ist die eigenmächtige Betitelung der Monate:
Neh 1,1 Geschichte Nehemias, des Sohnes Hakaljas. Und es geschah im Monat Kislew des zwanzigsten Jahres, als ich in der Burg Susan war.
Hier in Nehemia lesen wir davon, dass es anscheinend einen Monat gibt, der Kislew heißt. Nirgends zuvor in der Bibel wird erklärt, welcher Monat das ist. Und gäbe es ganz am Ende des ATs den einen Vers in Sach 7,1 nicht, wüsste man gar nicht, dass es der neunte Monat war. Denn der Allmächtige hat den Monaten gar keine Namen gegeben. Das haben die Menschen damals eigenmächtig gemacht. Gott hat uns lediglich vorgegeben, dass nur der erste Monat einen Namen hat: Aviv. Alle anderen Monate haben keine Namen, sondern lediglich eine fortlaufende Nummerierung (2., 3., 4. Monat usw.). Exakt genau so, wie bei der Benennung der Wochentage: Da hat lediglich der siebte Tag einen Namen: Sabbat. Alle anderen Tage haben keinen Namen, sondern auch nur eine fortlaufende Nummerierung. In kurz: Bei den Wochentagen hat nur der Sabbat einen von Gott gegebenen Namen und bei den Monaten nur der Aviv. Alles andere folgt einer fortlaufenden Nummerierung.
Warum ist das wichtig?
Weil es eindeutig aufzeigt, dass Menschen irgendwann anfingen (wann genau weiß man nicht), eigenmächtig Dinge in die Welt zu setzen. Schon zur Zeit Davids war das so. Man hielt z.B. den Tag des Neumondes an zwei Tagen, obwohl das so nirgends von Gott befohlen wurde:
1Sam 20,27 Und es geschah am nächsten Tag des Neumondes, dem zweiten, als der Platz Davids leer blieb, da sprach Saul zu seinem Sohn Jonathan: Warum ist der Sohn Isais weder gestern noch heute zum Mahl gekommen? … 34 Und Jonathan stand vom Tisch auf in glühendem Zorn, und er aß am zweiten Tag des Neumondes keine Speise; denn er war betrübt um David, weil sein Vater ihn geschmäht hatte.
Auch hier erkennt man wieder das eigenmächtige Vorgehen, den einen Tag des Neumonds auf zwei Tage auszuweiten. Oder eben wie zuvor den Monaten Namen zu geben, wovon einige sogar Namen sind, die auf das Babylonische zurückzuführen sind.
Man sieht also, dass diese und ähnliche Aussagen keine Beweise sind – egal, ob jetzt durch den Vers der Tagesbeginn bei Sonnenaufgang oder bei Sonnenuntergang bewiesen werden soll. Diese Tatsachenberichte kann man als Hinweise mit in die Betrachtung ziehen, aber keineswegs beweisen sie etwas. Das heißt, dass wir die Aussage von Davids Frau durchaus als dienlichen Hinweis für den Beginn des Tages am Morgen nehmen können und müssen, aber wir müssen auch weiter nach ganz, ganz konkreten Beweisen suchen. Wir brauchen also keine Aussagen, die von irgendwem getroffen worden sind, sondern wir brauchen ganz klare Gebote, Befehle, Beschreibungen oder Worte Gottes, die entweder Gott selbst spricht oder durch andere sprechen lässt. Am besten ist, wir finden genau dort etwas, wo unser Schöpfer zum ersten Mal Dinge für uns definiert: in seiner heiligen Torah …