Wächter des Wortes – Wie prüft man Biblisches? – Teil 6: Vorsicht

4. Vorsicht: Einmal richtig, immer richtig?

Hier bei diesem vierten Punkt geht es darum, dass wenn man etwas Biblisches verstehen durfte, man dieses Verständnis nicht immer über alles stülpen kann. Zum besseren Verständnis, was damit gemeint ist, auch hier direkt ein Beispiel, welches – weil es so gegensätzlich ist – sich hoffentlich umso mehr als ein warnendes Beispiel in unsere Köpfe einbrennt:

1Petr 5,8 Seid nüchtern und wacht! Denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann; [SLT]

Hier wird der Löwe bildhaft mit dem Widersacher, dem Teufel gleichgesetzt. An einer anderen Stelle steht wiederum geschrieben:

Offb 5,5 Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe, der aus dem Stamm Juda ist, die Wurzel Davids, um das Buch zu öffnen und seine sieben Siegel zu brechen! [SLT]

Hier wird der Löwe bildhaft mit unserem Messias  Jeschua (Jesus Christus) gleichgesetzt. Man erkennt durch diese gegensätzliche Darstellung schnell, einfach und auf sehr anschauliche Weise, dass eine biblische Gleichung bzw. Interpretation nicht immer ein- und dieselbe sein muss, d.h.: Einmal richtig, ist nicht immer richtig! Für diesen Fall: einmal Löwe = Christus ist nicht immer Löwe = Christus.

Diese Vorgehensweise der “Gleichsetzung zwischen zwei Dingen” oder das “Anwenden von geistlichen Bildern” auf immer ein- und dieselbe Weise ist leider etwas, was sehr häufig praktiziert wird – v.a. bei der Auslegung von biblischer Prophetie. Das heißt: Hat man an einer Stelle ein biblisches Bild erkannt, wird dieses sehr, sehr häufig auf alle anderen Stellen übergestülpt. Bei dieser Vorgehensweise hört man dann sehr häufig die Aussage: “Die Bibel legt sich selber aus.”
Das tut sie auch, aber deswegen heißt das noch lange nicht, dass jede Auslegung, bei der zwei Verse in einen Bezug zueinander gebracht werden, deswegen stimmen muss.

blankSie kann stimmen, aber ab und an kann eine derartige Herangehensweise auch zu sehr wirren Verständnissen und Lehren führen – sowohl für Prophezeiungen, als auch für wichtige Aspekte unseres Glaubensalltags.

Leider werden auf diese Weise (d.h. durch das “Die Bibel legt sich selber aus.”) viele Geschwister irregeführt; u.a. deswegen, weil es oberflächlich betrachtet erst einmal völlig schlüssig erscheint, denn es werden ja reine Bibelverse miteinander in einen Bezug gebracht. Kennt man aber die Heilige Schrift nicht ausgiebig, kann diese Methode auch in die Irre führen; so wie bei unserem Beispiel mit dem Löwen. Schnell könnte da jemand sagen: “Wir haben ja laut 1Petr 5,8 klar und deutlich – frei von menschlicher Interpretation – gesehen, dass das biblische Bild des Löwens der Satan ist. Daher muss an dieser oder jener Stelle mit dem Löwen auch der Satan gemeint sein, denn es gilt ja: Die Bibel legt sich selber aus!”
Wie fruchtbringend, aber ab und an auch gefährlich eine derartige Herangehensweise sein kann, zeigt dieses kleine Beispiel hoffentlich eindringlich auf!

Ein anderes Beispiel als Warnung für das vorsichtige Umgehen mit der Aussage, dass sich die Bibel selbst auslegt, wäre die Verwendung des Wortes “Fleisch”. Wie wir zuvor gesehen haben, ist, in biblischer Sprache ausgedrückt, unser “Fleisch” unser größtes Problem im Glauben. Es steht im Kampf gegen den Geist Gottes (Gal 5,17). Ferner haben wir ein trügerisches Herz (Jer 17,9), auf welches wir uns auf keinen Fall verlassen sollten (Spr 28,26). Wenn also unser Fleisch schwach und unser Herz trügerisch ist, dann müsste ja ein “Herz aus Fleisch” logischerweise erst recht etwas Negatives sein, oder? Ja, das ist es auch, aber dennoch kann das Zusammenspiel aus “Herz und Fleisch” an einer anderen Stelle auf eine andere Art und Weise von unserem Schöpfer genutzt werden. Einmal richtig ist eben nicht immer richtig:

Hes 36,26-27 Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Gebote achtet und sie erfüllt. [EÜ]

Hier ist der Zusammenhang aus “Herz und Fleisch” ein positiver, denn dadurch wird es uns ermöglicht (von ihm bewirkt, wie es der heilige Text sagt), dass wir seinem Gesetz folgen und seine Gebote achten und erfüllen, obwohl an anderen Stellen das Herz und das Fleisch sehr, sehr negativ dargestellt werden.

Diese zwei kleinen Beispiele sollen lediglich kurz und knapp aufzeigen, dass wenn uns biblische Zusammenhänge klar werden, man diese nicht blind überall in der Heiligen Schrift einsetzen kann. Teilweise können nämlich Bilder Gegensätzliches bedeuten – also einmal für etwas Gutes und einmal für etwas Schlechtes stehen.

Setzt man dennoch diese, nennen wir sie, “Gleichungen” willkürlich überall ein, dann kann das zu Problemen führen. Und zwar zu massiven. Unter anderem deswegen “massiv”, weil sie ja vermeintlich frei von menschlicher Interpretation sind (da man ja nur zwei Stellen miteinander in einen Bezug bringt). Aber was, wenn es da gar keinen Bezug gibt? Oder eben ein biblisches Bild nicht universell überall eingesetzt werden kann? Oder man den Zusammenhang der Stelle falsch verstanden hat bzw. erst gar nicht kennt? usw. usf.

blankDass diese und ähnliche Gefahren bestehen, haben wir ja schon anhand dieser zwei kleinen Beispiele (Löwe und Fleisch) eindeutig und unmissverständlich sehen können. Was ist aber damit, wenn das nicht so gegensätzlich, nicht so offensichtlich ist? Erkennen wir dann auch sofort, dass da etwas mit der jeweiligen Auslegung nicht stimmen kann?

Im Zeitalter von frei zugänglichen Bibel-Softwares wird häufig von Auslegern auch folgende Aussage getroffen: “Das Wort, was hier im hebräischen oder alt-griechischen Text steht, wird auch an einer anderen Stelle benutzt. Daher muss es auch hier wieder dasselbe bedeuten.”

Das stimmt durchaus oft, aber eben nicht immer. Geht man aber auch hier von einem: “Immer ist das so!” aus, dann kann das teilweise ziemlich in die Irre führen. Und das, ohne dass man es bemerkt. Wir werden gleich beim übernächsten Punkt näher darauf eingehen.

Hier für diesen Abschnitt kann man festhalten:
Die warnenden Beispiele mit “Löwe und Fleisch” waren schnell und ganz einfach zu enttarnen, u.a. weil sie völlig gegensätzlich waren:

  • einmal Löwe = Widersacher und einmal Löwe = Christus
  • einmal Fleisch = schlecht und einmal Fleisch = gut

Aber wie bereits erwähnt, gibt es unzählige andere biblische Zusammenhänge, die nicht so offensichtlich gegensätzlich sind. Daher sind sie dann – logischerweise – viel, viel schwieriger zu enttarnen als diese beiden hier. Und dieses Enttarnen von Missverständnissen und Irrlehren ist u.a. deshalb so schwierig, da sich heutzutage kaum noch jemand die “Arbeit” macht, die zugetragenen Lehren bis auf Mark und Bein zu prüfen. Jedoch sollte man genau das tun. Und zwar mehr denn je, denn die Verwirrung ist größer denn je!

Wie bei allen Abschnitten in diesem Teil (der ja nicht umsonst “Vorsicht” heißt) hilft daher v.a. eines:

blankblankGebet, offen für Fehler sein, Schrift immer besser verstehen und alles prüfen – und zwar inständig. Keineswegs Sachen blind annehmen, nur weil sie auf den ersten, oberflächlichen Blick logisch erscheinen.

Es ist wichtig, dass wir uns dieser Gefahr (dass einmal richtig, nicht immer richtig heißt) bewusst sind. Vor allem, wenn wir uns Predigten, Lehren, Auslegungen und dergleichen anhören. Selbstverständlich (wie wir es gerne immer wieder betonen) gilt das auch für unsere Artikel.

Wir hoffen, dass bei der Bewusstwerdung dieser hier aufgezeigten Gefahr, die beiden Punkte mit dem “Fleisch”, aber v.a. der mit dem “Löwen”, sich als warnende Beispiele tief und fest in uns einprägen und uns so sensibel dafür machen, dass wir alle vorsichtig bei eigenen und fremden Interpretationen sein sollten. Wir alle sollten offen dafür sein, dass die Gefahr besteht, dass wir alle irregeführt werden können bzw. in unserem eigenen Verständnis fehlbar sind. So fehlbar, dass wir manches sogar gegensätzlich verstehen könnten: Wir könnten z.B. das Thema “Liebe” falsch verstehen. Wir könnten z.B. das Thema “Werke” falsch verstehen. Wir könnten z.B. die Frage nach dem Gesetz Gottes falsch verstehen, usw.; daher gilt für uns alle:

Jes 5,20-21 Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die Finsternis zu Licht und Licht zu Finsternis erklären, die Bitteres süß und Süßes bitter nennen! Wehe denen, die in ihren eigenen Augen weise sind und die sich selbst für verständig halten! [CSV]