1Mo 44,18-47,27 – Wer “nach-tragend” ist, hat viel zu schleppen

1. Anderen vergeben und nicht nachtragend sein

Stellt euch zu dieser Überschrift noch einmal die Situation damals ganz genau vor. Stellt euch vor, wie Josef vor seinen Brüdern steht.

Sweet Publishing / FreeBibleimages.org – CC BY SA

Es sind seine Brüder, die ihn gehasst und beneidet hatten, ihn töten wollten, schlussendlich verkauft hatten und Schuld daran waren, dass er ein Sklave gewesen war. Sie allein trugen die Schuld an der ganzen Situation. Und nun, nachdem Josef sich ihnen zu erkennen gab, wussten sie das auch. Dieser eine Moment wäre also die beste Gelegenheit für Josef gewesen, es seinen Brüdern so richtig heimzuzahlen. Ihnen zu sagen, dass ihr abgrundtief böses Vorhaben nicht funktioniert hatte und sie nun vor ihm knien und um Gnade winseln.

Aber das tut er nicht! Im Gegenteil, er “umarmt und küsst sie” und sagt ihnen: “macht euch keine Vorwürfe”!

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Was wir aus dem ganzen Verhalten Josefs lernen können, ist der Kern dieses ersten Punktes. Denn das Erste und Wichtigste, was hier passieren musste, damit Josef so voll brüderlicher Liebe reagieren konnte, war die Vergebung. Josef hatte seinen Brüdern verziehen, was sie ihm angetan hatten. Von Anfang an. Denkt hierzu an die letzte Portion, wo Josef auch schon zwei Mal den Raum verlassen musste, um zu weinen.

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Er musste nicht den Raum verlassen, um seinen Zorn zu bändigen, sondern seine Tränen. Das ist das Verhalten eines Mannes, der in seinem Herzen keinen Hass, sondern Liebe für seine Brüder trägt. Noch einmal der wunderschöne Vers 15 dazu:

1. Mose 45,15 Dann umarmte er die anderen und küsste sie unter Tränen. …

So reagiert man nur, wenn man seinem Gegenüber ganz und gar vergeben hat.

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Und anderen zu vergeben, ist eines der wichtigsten Dinge, die wir im Glauben tun müssen. Tun wir das nicht, dann sind wir nachtragend.

Falls ihr euch fragt, was genau “nachtragend sein“ bedeutet, stellt euch dazu Folgendes vor:
Einer deiner Kumpels hat dich mal versetzt und ist nicht zu einer Verabredung gekommen.

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© Mihail- stock.adobe.com

Er hat dich einfach vergessen. Du musstest deswegen eine ganze Stunde warten. Und das, obwohl du extra mit dem Bus zum Treffpunkt gefahren und das Busticket auch noch von deinem Taschengeld bezahlt hattest. Aber nach einer Stunde warten und vielen Anrufversuchen bei ihm bist du dir sicher, er hat dich einfach vergessen. Sowas ist ziemlich uncool. Da kommen Fragen, wie z. B. diese auf: “Wie kann sowas passieren? Hatte er Besseres zu tun? Bin ich ihm vielleicht total unwichtig?”
Dann, beim nächsten Wiedersehen, entschuldigt sich dein Kumpel von Herzen bei dir. Aber dir fällt es schwer, ihm zu vergeben. Jedes Mal, wenn er sich dann in Zukunft um eine Minute verspätet, hältst du ihm diesen einen Fehler vor.
So ein Verhalten nennt man “nachtragend sein”.

Und wenn man eben nachtragend ist, hat man nicht vergeben!

Deswegen passt es, dass die wörtliche Übersetzung von “vergeben” auch biblisch “fallen lassen, etwas gehen lassen” usw. bedeuten kann. Das Schöne ist, dass hier auch in der deutschen Sprache durch das Wort “nachtragen” uns dieses Bild veranschaulicht wird. Denn jemandem etwas nachzutragen, ist tatsächlich so, wie wenn wir dieser Person ständig etwas hinterher schleppen würden.

Stellt euch zum besseren Verständnis dazu jemanden vor, der gebeugt einen riesigen Sack auf dem Rücken trägt. Dieser Sack ist bis oben hin vollgepackt mit Steinen.

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Jedes Mal wenn diese Person den Menschen sieht oder an ihn denkt, dem er nicht vergeben kann, spürt er auf einmal wieder diese Last des Sackes auf dem Rücken. Unfassbar schwer und nervig. Würde man ihn aber loslassen, also nicht mehr “nach-tragend” sein, dann wäre alles viel leichter.

Genauso wie dieser Person mit dem schweren Sack, ergeht es vielen Menschen. Vor allem uns Erwachsenen passiert das leider sehr häufig. Denn wer die Schuld des anderen nicht vergibt und sie jedes mal in seinen schweren Sack packt, der kommt in seinem Leben nicht weit und wird bald müde und verzweifelt sein. So eine Person wird die Freude an vielen Dingen verlieren und sich an seiner Last abmühen. Wer aber anderen vergibt, die Schuld loslässt und sie eben nicht nachträgt, der wird frei von dieser Last sein.

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Achtet daher darauf, dass ihr erst gar keinen Sack mit solchen Steinen herumschleppt. Vergebt euren Nächsten sofort und tragt es ihnen nicht nach!

Falls sich jemand jetzt fragen sollte: “Was ist aber, wenn ich nicht vergebe oder sogar gefühlt gar nicht vergeben kann? Was dann?”

Es gibt durchaus Dinge, die wirklich sehr, sehr schwer zu vergeben sind. Dennoch ist es am Ende so, wenn wir nicht vergeben haben, dann stecken wir in einem riesen Problem fest. Und wie riesengroß dieses Problem ist, erklärt uns der Sohn Gottes:

Matthäus 6,14-15 Euer Vater im Himmel wird euch vergeben, wenn ihr den Menschen vergebt, die euch Unrecht getan haben. Wenn ihr ihnen aber nicht vergebt, dann wird Gott auch eure Schuld nicht vergeben.

Bei so einem klaren und einfachen Zusammenhang zwischen zwei Dingen, schreit diese enorm wichtige Warnung Jesu nach einer neuen “biblischen Formel”. Dazu bekommt ihr eine neue Karte, auf der Folgendes steht:

Wir vergeben anderen nicht = Gott vergibt uns nicht

Versteht ihr nun warum es so unendlich wichtig ist, anderen zu vergeben? Denn unser himmlischer Vater hat uns – sofern wir aufrichtig Buße getan haben und es zukünftig besser machen wollen – alle unsere Schuld vergeben. Jede einzelne Sünde. Wie könnten wir da also anderen nicht genauso vergeben? Wie ungerecht sind wir, wenn wir die Schuld anderer immer und immer wieder hervorkramen und diese nicht vergeben?

Da dieser Punkt eine der wichtigsten Warnungen in der ganzen Heiligen Schrift ist, reicht eine biblische Formel allein dafür nicht aus. Wir müssen diese wichtige Wahrheit auf jeden Fall auch noch auf unsere Schlüsselkarte packen. Denn so wie “ein Glaube ohne Werke tot ist” und so wie “ein Glaube ohne Gebet nutzlos ist”, so gilt auch:

Ein Glaube ohne Vergebung ist vergeblich.

An dieser Stelle zum Thema “Vergebung” solltest du etwas ausprobieren. Ihr kennt doch noch die Wörter der Bibel-Karte, bei der wir das Wort “Sinnen” erklärt hatten. Es bedeutet im Kern: konzentriert über eine Sache nachzudenken. In der Aufgabe, die wir euch geben wollen, sollt ihr wieder Sinnen (Aufgabenkarte):

Sinnt darüber nach, ob es jemanden gibt, dem ihr noch nicht vergeben habt.
Sollte es solch eine Person geben, dann vergebt ihr und tragt ihr nichts mehr nach.

Selbst wenn der andere sich noch gar nicht bei euch entschuldigt hat. Vergebt ihm trotzdem und lasst die Schuld des anderen einfach los. Packt keine Steine in den Sack. Denn jede Schuld, die ihr dem anderen nachtragt, ist eine Last für euch selbst und nicht für den anderen. Deswegen fangt erst gar nicht damit an!

Liebe Eltern, ganz besonders euch wollen wir an dieser Stelle eine Aufgabe geben. Wenn ihr gerade bei diesem unnötig schweren Sack nachdenklich geworden seid, dann solltet ihr in euch gehen und die Steine aus diesem Sack herausholen.

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Jeden einzelnen davon. Bringt diese Last vor unseren himmlischen Vater und vergebt euren Nächsten. Schmeißt jeden einzelnen dieser Steine weg. Denn tut ihr das nicht, dann werden diese Steine euch immer und immer wieder belasten und niederdrücken. Sie werden regelrecht zu Erschöpfungen und Leid führen. Sowohl physisch als auch psychisch. Auch wird diese Unvergebbarkeit ein vielleicht zutiefst verwundetes Herz nicht heilen lassen. Denkt bitte darüber nach! Denkt dabei bitte nebst den klaren Worten unseres Messias Jeschua aus Matthäus 6,14-15 auch an diesen Vers:

Epheser 4,32 Seid freundlich und hilfsbereit zueinander und vergebt euch gegenseitig, was ihr einander angetan habt, so wie Gott euch auch durch Christus vergeben hat!

So, nach diesem kleinen Ausflug, wieder zurück zu euch Kids und dem zweiten wichtigen Punkt, den wir aus 1. Mose 45,5-8 lernen können …